Eine erste Einigung im Streit um Rücktrittsrechte bei Lebensversicherungen steht. Der VKI hat eine Lösung für mehr als 7.000 Kunden erzielt.

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Wien – Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat einen Vergleich mit den Versicherern erzielt. Damit werden tausende Lebenspolizzen abgegolten. Die Versicherer nehmen dafür einen zweistelligen Millionenbetrag in die Hand.

Der VKI hatte von März 2016 bis September 2017 eine Sammelaktion im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Lebensversicherungen laufen. Denn nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs steht dem Versicherungsnehmer bei fehlender oder fehlerhafter Belehrung über die Rücktrittsrechte durch den Versicherer ein unbefristetes Rücktrittsrecht zu. Die Verträge sind daher nach Ansicht des VKI rückabzuwickeln.

Rund 7.000 Konsumenten hat der VKI in dieser Sache vertreten. Den Versicherungsnehmern sind laut dem Verein die einbezahlten Prämien samt Zinsen zurückzuzahlen. Abzuziehen ist laut VKI lediglich eine Risikoprämie (zum Beispiel Ablebensschutz, allfälliger Berufsunfähigkeitsschutz). Die Versicherungsbranche war der Ansicht, dass diese Ansprüche unbegründet sind.

Vergleich steht

Nach langen Verhandlungen ist nun ein Vergleich gelungen. Die Teilnehmer der Sammelaktion erhalten demnach in der Regel mehr als die einbezahlten Prämien von der Versicherung zurückerstattet. Wie tief die Versicherer für den Vergleich in die Tasche greifen müssen, wurde vorerst nicht bekanntgegeben. 96 Prozent der Versicherungen haben sich einverstanden erklärt, diese Branchenlösung umzusetzen. Der VKI wird sich bemühen, bei jenen Versicherungen, die zu keiner Lösung bereit waren, eine gerichtliche Durchsetzung anzubieten.

Die Betroffenen erhalten in den nächsten Wochen ein individuelles Angebot von ihrer Versicherung übermittelt, das sie innerhalb einer Frist von acht Wochen annehmen können.

Der VKI begrüßt die Einigung. "Mit dieser Lösung sind wir sehr zufrieden, weil wir für tausende Verbraucher einen Mehrerlös erreichen und somit langwierige Gerichtsverfahren vermeiden konnten", sagt Ulrike Wolf, Leiterin der Abteilung Sammelaktion.

Langer Streit

In dieser Causa gab es zuletzt eine hitzige Debatte. Denn die alte Regierung wollte vor der Nationalratswahl noch ein Gesetz auf den Weg bringen, das die Rücktrittsrechte neu geregelt hätte. Damit wäre der Berechnungsmodus geändert worden, ein Rücktritt wäre nicht mehr so lukrativ gewesen. Denn derzeit müssen bei einem berechtigten Rücktritt die Prämien mit vier Prozent p. a. verzinst rückerstattet werden.

Für viele Versicherungsnehmer ist das lukrativer als das, was der Vertrag hergegeben hat. Das alles geht auf eine Formalität zurück: Weil Österreich eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 1994 nicht umgesetzt hat, galt in Österreich ein Rücktrittsrecht innerhalb von 14 Tagen, EU-weit waren es aber 30 Tage. Diese Lücke haben Konsumentenschützer, Anwälte und Prozessfinanzierer jetzt aufgezeigt. Nun wollen tausende Versicherte ihren Vertrag rückabwickeln, was für die Versicherungen noch teuer werden kann. (bpf, 30.10.2017)