Die Hände sind bei Schuppenflechte oft als Erstes betroffen, die Haut fühlt sich rau und trocken an. Eincremen bringt Erleichterung.

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Gregor Holzer ist Facharzt für Dermatologie und Venerologie und leitet die Psoriasis-Ambulanz am SMZ-Ost in Wien.

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STANDARD: Was ist über die Ursachen von Psoriasis bekannt?

Holzer: Wir wissen, dass es eine starke genetische Komponente gibt. Psoriasis kann in jedem Alter zum ersten Mal auftreten – bei Kindern und Erwachsenen.

STANDARD: Irgendwann tauchen diese schuppigen Hautstellen auf?

Holzer: Ein Prozent der Menschen leidet an Schuppenflechte. Gehäuft sehen wir sie bei Erwachsenen um die 20 Jahre und dann zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr. Oft berichten Patienten, dass die schuppenden Stellen nach einem Infekt aufgetaucht sind. Bei Kindern dauert die Diagnose oft länger, weil Nichthautärzte Psoriasis als Ekzem oder Neurodermitis fehldiagnostizieren.

STANDARD: Was sagen Sie Patienten beim Erstgespräch?

Holzer: Dass Psoriasis eine chronische entzündliche Erkrankung ist, bei der Zellen aus dem Blut in die Haut einwandern und dadurch Entzündung, Rötung, Schuppung und Juckreiz verursachen. Es dauert manchmal, bis Patienten verstehen, dass sich Psoriasis nicht heilen lässt. Die Erkrankung kommt und geht, lässt sich jedoch mit einer Reihe von Maßnahmen sehr gut unter Kontrolle bringen.

STANDARD: Wie?

Holzer: Zum einen spielt der Lebensstil keine unwichtige Rolle. Übergewicht und Stress triggern die Erkrankung, ebenso Alkohol. Bei vielen kommt es zu Herbst- und Winterbeginn zu einer Verschlechterung. Wir haben allerdings ein breites therapeutisches Spektrum, setzen Kortison und Vitamin D in Form von Salben, Cremen, Lösungen, Schäumen und Shampoos ein. Auch Lichttherapie hat bei leichteren und mittelschweren Formen einen hohen Stellenwert. Bei mittleren bis schweren Formen sind Biologika eine Option. Was zählt, ist gutes Krankheitsmanagement, eine gute Arzt-Patienten-Beziehung ist sehr wichtig.

STANDARD: Wann spricht man von schweren Formen?

Holzer: Wenn mehr als zehn Prozent der Haut betroffen sind. Eine Handfläche entspricht etwa einem Prozent. Insofern leiden die meisten Patienten an milden Formen, bei jedem kann es aber zeitweise zu plötzlichen Verschlechterungen kommen. Psoriasis kann auch die Gelenke befallen und zu Schmerzen bzw. der Zerstörung der Gelenke führen. Allerdings werden auch milde Formen, die auf die Haut beschränkt sind, oft als sehr beeinträchtigend und insofern als schwer erlebt. Es trifft Menschen, die voll im Leben stehen, arbeiten und die Psoriasis einfach nur wegbekommen wollen.

STANDARD: Welche Behandlungsoptionen gibt es?

Holzer: Psoriasis tritt in Schüben auf. Kortison und Vitamin D werden zur äußerlichen Behandlung eingesetzt. Das ist der Goldstandard, es gibt mittlerweile Kombinationspräparate zum Aufsprühen. Auch Lichttherapie wirkt gut.

STANDARD: Welche Art von Licht?

Holzer: UV-Strahlen, denn sie reduzieren bei Psoriasis die Entzündungsprozesse in der Haut. Häufig eingesetzt wird kurzwellige UVB-Strahlung. Die sogenannte PUVA-Therapie – langwellige UVA-Strahlen in Kombination mit Tabletten – wird eher restriktiv angewandt. Die Lichttherapie ist eine Gratwanderung: Einerseits soll die Psoriasis gestoppt werden, andererseits darf die Haut durch die UV-Strahlen keinen Schaden nehmen. Da geht es um das langfristige Hautkrebsrisiko. Deshalb sollte die PUVA unter ärztlicher Kontrolle erfolgen. Man muss drei- bis viermal pro Woche hin, etwa einen Monat lang, dann sollte man einige Monaten erscheinungsfrei sein.

STANDARD: Das ist zeitintensiv.

Holzer: Genau, und deshalb ist sie trotz guter Wirksamkeit für viele Berufstätige oft wenig realistisch.

STANDARD: Was sind die Optionen bei schweren Verlaufsformen?

Holzer: Wenn wir alle herkömmlichen Behandlungsmethoden ausgeschöpft haben, der Befall stark und der Leidensdruck hoch ist, gibt es Medikamente, die ins Immunsystem eingreifen, etwa Methotrexat und Ciclosporin, die die Abwehr in ihrer Gesamtheit drosseln, oder Biologika, die gezielt bestimmte entzündliche Botenstoffe neutralisieren. Damit schaffen wir auch Erscheinungsfreiheit.

STANDARD: Gibt es Nebenwirkungen?

Holzer: Einige Präparate gibt es seit 20 Jahren, die Daten sind insgesamt beruhigend. Generell beobachten wir vermehrt respiratorische Infekte, also klassische Verkühlungen. Schwere Nebenwirkungen wie Gefäßentzündungen oder Lupus sind selten.

STANDARD: Was können Patienten selbst machen?

Holzer: Neben der Hautpflege und dem Verzicht auf übermäßigen Alkohol ist bei Übergewicht die Reduktion von Körperfett eine effiziente Maßnahme, dazu gibt es Studien. Vor allem Bauchfett fördert Entzündungen. Es gibt aber keine fundierte Psoriasis-Diät. Da Psoriasis-Patienten auf lange Sicht häufiger Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen entwickeln, ist ein gesunder Lebensstil sinnvoll. (Karin Pollack, 27.10.2017)