Psoriasis ist nicht ansteckend und nur in sehr seltenen Fällen lebensbedrohlich. Die Erkrankung hat aber schwerwiegende Auswirkungen auf alle Bereiche des Lebens.

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Die Haut ist das größte Sinnesorgan des Menschen. Sie hat eine Fläche von eineinhalb bis zwei Quadratmetern und macht etwa ein Sechstel des Körpergewichtes aus. Sie schützt den Körper vor äußeren Einflüssen und reagiert auf Reize wie Berührungen, Druck, Temperaturen und Licht. In zahlreichen Redewendungen wird die Haut auch als "Spiegel der Seele" bezeichnet. Sie kann aus Wut oder Scham erröten, vor Schreck erblassen oder vor Angst schwitzen. "In Stresssituationen werden Cortisol oder Adrenalin freigesetzt. Dadurch kommt es zur Gefäßerweiterung, und die Haut wird stärker durchblutet", erklärt die Wiener Hautärztin Henriette Holub-Hoberger. Stress regt zudem eine Vermehrung der Keratinozyten an – jener Hautzellen, die die für den Schutz der Haut erforderliche Hornschicht produzieren.

Das ist vor allem für Psoriasis-Patienten ein Problem. Denn: Schuppenflechte führt zu einem gutartigen, aber extrem schnellen Wachstum der Oberhaut. Bei einem gesunden Menschen brauchen die neu gebildeten Zellen in den tiefer liegenden Hautschichten etwa 28 Tage, um an die Hautoberfläche zu wandern. Psoriasis beschleunigt diesen Prozess, der durch Stress zusätzlich angekurbelt wird, auf eine Woche oder weniger.

Emotionale Belastung

Schuppenflechte ist eine genetische Erkrankung, doch nicht jeder Mensch, der eine oder mehrere dieser Genmutationen in sich trägt, erkrankt daran. "Sie wird vor allem durch exogene Faktoren ausgelöst", sagt Peter Wolf, stellvertretender Leiter der Klinik für Dermatologie und Venerologie an der Med-Uni Graz. Einer der wichtigsten ist körperliche oder emotionale Belastung.

Experten vermuten, dass starke Hautreize den Ausbruch von Psoriasis begünstigen können. Schließlich zeigen sich die roten Flecken und Schuppen meistens zuerst an Händen, Ellbogen und Knien. "Diese Körperteile sind am häufigsten belastenden Einflüssen wie Druck, Reibung oder UV-Strahlung ausgesetzt", erklärt Wolf. "Die Haut wird von außen unter Stress gesetzt. Dadurch kann es zur Bildung der Plaques kommen", ergänzt Holub-Hoberger.

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts beobachtete der deutsche Dermatologe Heinrich Köbner, dass manche seiner Patienten nach Hautabschürfungen, Pferdebissen oder Tätowierungen an Schuppenflechte erkrankt sind. Selbst saisonale Schwankungen, mit denen die Krankheitsschübe auftreten, werden auf das sogenannte Köbner-Phänomen zurückgeführt. "Besonders im Herbst und Winter haben Haut und Organismus mit witterungsbedingten Temperaturunterschieden und abnehmenden Lichtverhältnissen zu kämpfen", sagt Holub-Hoberger. Zudem kann körperlicher Stress, der von bakteriellen oder viralen Infektionen der oberen Luftwege hervorgerufen wird, die Wahrscheinlichkeit für Psoriasis erhöhen.

Aufgekratzte Seele

Besonders psychische Belastungen, wie etwa der Tod eines nahestehenden Menschen, der Verlust des Arbeitsplatzes oder eine Scheidung, können den Ausbruch von Schuppenflechte triggern und eine Krankheitsspirale in Gang setzen. "Psoriasis-Patienten sind schwer leidende Menschen. Sie meiden den Kontakt zu anderen und ziehen sich zunehmend aus dem sozialen Leben zurück. Viele Betroffene schämen sich, fühlen sich stigmatisiert und gehen nur mehr zum Arbeiten aus dem Haus", erzählt Holub-Hoberger. Das erzeugt noch mehr Stress. Die Angst, den Job oder den Partner zu verlieren, nimmt zu, die Krankheitsschübe werden heftiger und häufiger. "Damit steigt auch die physische Belastung. Durch die Ausbreitung der Entzündungen und das übermäßige Wachstum der Oberhaut ist der Körper ständig in Arbeit. Die Haut juckt und schuppt, das Denken kreist zunehmend um die Erkrankung", berichtet die Dermatologin.

Eine Studie aus dem Jahr 2015, in der die Lebensqualität von Psoriatikern erhoben wurde, zeigte, dass der Leidensdruck von Betroffenen mit jenem von Patienten mit anderen chronischen Leiden wie Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vergleichbar ist.

Nicht nur kranke Haut

Was das Problem noch zusätzlich verstärkt: Psoriasis führt in vielen Fällen auch zu einer Entzündung der Blutgefäßwände. Auch innere Organe wie der Darm oder die Nieren können betroffen sein. 20 bis 30 Prozent der Erkrankten entwickeln außerdem eine Psoriasis-Arthritis. "Die erhöhte Entzündungsbereitschaft verursacht außerdem Veränderungen im Fettstoffwechsel. Dadurch steigt das Risiko für ein metabolisches Syndrom und Herzinfarkt", ergänzt Matthias Schmutz, Leiter der Innsbrucker Universitätsklinik für Dermatologie.

Neben der äußerlichen Behandlung und der medikamentösen Therapie ist es zudem wichtig, dass Patienten wissen, wie sie selbst auf den Krankheitsverlauf Einfluss nehmen können. Das zeigte eine Untersuchung, in der Betroffene nach ihren Umgang mit der Erkrankungen befragt wurden. Das Ergebnis der Studie: Patienten, die das Gefühl hatten, der Krankheit hilflos ausgeliefert zu sein, entwickelten deutlich stärkere Krankheitsschübe als jene, die überzeugt waren, selbst auf die Krankheit einwirken zu können. (Günther Brandstetter, 29.10.2017)