Aufstiegshilfe für Fische bei der steirischen Berghofer-Mühle, wo seit 100 Jahren Strom erzeugt wird.

Foto: Kleinwasserkraft

Feldkirch – Die Jahresproduktion an Strom österreichischer Kleinwasserkraftwerke entspricht jener der niederösterreichischen EVN, ihre politische Bedeutung ist jedoch gering. In Feldkirch trafen sich nun 300 Vertreter und Vertreterinnen der Kleinwasserkraft zur Jahrestagung. Ihr Ziel: die Rahmenbedingungen für die Kleinwasserkraft zu verbessern.

3.262 Kleinwasserkraftwerke sind in Österreich in Betrieb, 1.200 Betreiberinnen und Betreiber haben sich im Verein Kleinwasserkraft zusammengeschlossen. "Wir haben ja keine Lobby, keine Wirtschaftskammer-Vertretung, unsere Mitglieder sind freiwillig bei uns", sagt Präsident Christoph Wagner.

90 Prozent der Betreiber von Kleinkraftwerken sind Private, kleine Firmen, Landwirtschaften, Ingenieurbüros. Viele Kleinkraftwerke stehen an früheren Mühlbächen, man führt mit modernen Mitteln die Tradition der eigenen Energieversorgung weiter. Idealismus präge die Szene, sagt Geschäftsführer Paul Ablinger.

Gefährdung der Kleinkraftwerke

Gefährdet sind die Kleinkraftwerke durch drastisch gesunkene Erzeugerpreise und höhere Investitionen in den Umweltschutz. Obwohl die Kleinkraftwerke rund zehn Prozent des österreichischen Inlandsstromverbrauchs erzeugen und rund 1,7 Millionen Haushalte versorgen, fehle ihnen eine starke Lobby, beklagen die Vereinsfunktionäre.

Generell mangle es in Österreich an einer Energiepolitik, die erneuerbare Energie bevorzugt. Die Ökostromnovelle vom Sommer sei nur ein kleiner Schritt, kritisiert Wagner, ihr müsse rasch ein großer folgen. Die Energiepolitik solle die Erhaltung und Revitalisierung der Kleinkraftwerks-Infrastruktur neben zusätzlicher erneuerbarer Energieproduktion zum Ziel haben.

Alte kalorische Kraftwerke abschalten

Wagner hofft, "dass die österreichische Politik endlich begreift, welchen Schatz sie in der Kleinwasserkraft-Infrastruktur hat". Sie dürfe nicht länger dabei zusehen, wie Kleinkraftwerke aus Mangel an Unterstützung verkauft werden. Käufer seien interessanterweise deutsche Investoren, die sehr wohl um die Zukunftsaussichten der Kleinkraftwerke wüssten.

Deutschland habe durch die umfassende Förderung erneuerbarer Energie eine Vorreiterrolle inne. Durch das Bekenntnis zu erneuerbarer Energie kam dort mehr Ökostrom auf den Markt, der Preis fiel. Das Manko der deutschen Politik: "Es wird zwar mehr erneuerbare Energie erzeugt, die alten kalorischen Kraftwerke werden aber nicht abgeschaltet, weil man billigen Strom für die Industrie will", sagt Hans-Jörg Mathis, Sprecher der Vorarlberger Kleinwasserkraft.

Dieser Fehlentwicklung könne nur entgegengewirkt werden, wenn die Stromproduktion aus Braunkohle und Atomkraft reduziert wird. Wagner: "Beides am Markt zu lassen funktioniert nicht."

Marktverzerrung durch Abgaben

In Österreich werde die Situation durch "Abgaben, die den Markt verzerren", verschärft, kritisiert Mathis. Wie die Betreiber von Großkraftwerken müsse man beispielsweise Netzverlusttarife bezahlen. Mathis: "Wir verursachen ja keine Leitungsverluste, sondern vermeiden sie." Dennoch Abgaben leisten zu müssen und gleich behandelt zu werden wie schadstoffemittierende Kohle- und Gaskraftwerke sei ungerecht, sagt Wagner und fordert ein Tarifsystem, das auf Kostenwahrheit beruht. Schließlich sparten die Kleinkraftwerke jährlich sechs Millionen Tonnen CO2 ein, die durch fossile Energieträger entstehen würden.

Österreich brauche dringend eine Energiewende, ist Wagner überzeugt. "Bevor man neue Pipelines nach Russland baut, soll man sich der eigenen Ressourcen bewusst werden. Bei der Energie haben wir ein Handelsbilanzdefizit, tragen sieben Milliarden Euro jährlich ins Ausland. Obwohl wir die Wasserscheichs wären." (Jutta Berger, 12.10.2017)