Wien – Von einer Länderüberprüfung des heimischen Bildungssystems durch die OECD erhoffen sich die Grünen einen entscheidenden Impuls, um bildungspolitische Reformen anzustoßen. Einen Entschließungsantrag zur Beauftragung einer solchen Studie will Bildungssprecher Harald Walser bei den nächsten Nationalratssitzung einbringen. Ohne Stimme von außen würden sich ÖVP und SPÖ nicht von der Stelle bewegen.

Wie in kaum einem anderen Land gebe es in Österreich "ideologisch verfestigte Standpunkte", so der Grüne Bildungssprecher am Dienstag vor Journalisten. Angesichts dessen, dass er sowohl im "Plan A" wie auch im SPÖ-Wahlprogramm keine starke Forderung zur Einführung der gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen finde, scheine es, als gebe sich die SPÖ bildungspolitisch auf, sagte Walser. Die ÖVP hingegen versteife sich auf das Hervorstreichen der Vorzüge des Gymnasiums und des differenzierten Schulsystems. Im bisherigen Wahlkampf habe das Thema zudem zu wenig Aufmerksamkeit erfahren, obwohl es hier "enormen Handlungsbedarf" gebe.

Ruf nach Stimme von Außen

Nach Meinung der Grünen lässt sich diese Patt-Stellung nur mit einer auf Fakten basierten Politik auf Basis von Empfehlungen einer umfassenden OECD-Länderüberprüfung auflösen, die das Bildungsministerium in Auftrag geben müsste. Zwar habe man durch den nationalen Bildungsbericht, die Bildungsstandard-Überprüfungen oder internationale Vergleichsstudien mittlerweile viele Informationen über die Stärken und Schwächen des Systems, eine Länderüberprüfung seitens der unabhängigen OECD würde allerdings noch einen Schritt weiter gehen, glaubt Walser. Im Vorfeld müsse man mit jedoch möglichst allen Parteien Übereinstimmung dahin gehend erzielen, dass die Ergebnisse verbindlich umgesetzt würden. Das käme dann einem "bildungspolitischen Elchtest" für alle Parteien gleich.

Dass es eine Stimme von außerhalb bräuchte, konstatierte auch der Bildungswissenschafter Karl Heinz Gruber. Experten hätten nämlich bereits bei einer einschlägigen Studie in sechs Ländern festgestellt, dass hierzulande die bildungspolitische Stimmung besonders polarisiert und feindselig sei. Dazu komme der Befund, dass Österreich in vielen Bereichen nicht unbedingt erfolgreich sei. Bei der Umsetzung von Experten-Empfehlungen habe man sich zudem bisher nicht unbedingt ausgezeichnet, der Impakt von Studien sei oft entsprechend gering. Das heimische System "behindert Erfolg, verhindert ihn aber nicht", so das Fazit.

Gesamtschule mit anderem Namen

Das liege vor allem an der frühen Aufspaltung der Bildungswege mit zehn Jahren. Der Fokus der angedachten Überprüfung durch das "Nachhilfeinstitut für Bildungsminister" müsse daher auf der Schule für die Zehn- bis 14-Jährigen und den Polytechnischen Schulen liegen, sagte Gruber. Insgesamt sollte das System in Richtung Gesamtschule und einer damit einhergehenden faireren Zusammensetzung der Schülerschaft pro Schule gehen. Da diese in Österreich aber mittlerweile für viele zum Reizwort wurde, brauche sie vermutlich einen anderen Namen. "Die Angst des Bildungsbürgertum davor" sei jedenfalls "unbegründet", so der Bildungsforscher. (APA, 26.9.2017)