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Martin Schulz (r.) mit SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan und Noch-Arbeitsministerin Nahles. Sie soll nun Fraktionschefin werden.

Foto: Kay Nietfeld/dpa

Ist Gerhard Schröder wieder da? So mancher hat sich am Wahlabend verwundert diese Frage gestellt. Wann immer SPD-Chef Martin Schulz im Fernsehen auftauchte, vor allem aber in der Elefantenrunde, meinte man, den Wahlverlierer Schröder aus dem Jahr 2005 poltern zu hören.

Hart griff Schulz Merkel an, beschwerte sich, dass diese den Aufstieg der AfD ermöglicht und den Abstieg der SPD befeuert habe, und höhnte, es werde wohl eine Jamaika-Koalition geben, da Merkel den Grünen und der FDP alles Mögliche geben werde, nur um an der Macht zu bleiben.

Man konnte dies noch auf den Schock des Wahlergebnisses zurückführen, schließlich fuhr Schulz, der Bundeskanzler werden wollte, das schlechteste SPD-Ergebnis seit dem Krieg ein. Das ist natürlich hart.

Doch am Montag zeigte sich: Das war kein Ausrutscher, das ist der neue Sound des Martin Schulz. Er hat nur Minuten nach der Bundestagswahl 2017 den Wahlkampf für 2021 eröffnet, und zu diesem Konzept gehört die Oppositionsrolle für die SPD.

Das ist grundsätzlich nicht verwerflich. Nirgendwo steht geschrieben, dass eine Partei so lange mit Angela Merkel koalieren muss, bis sie nicht mehr existiert. Und es gibt natürlich einige gute Gründe für die SPD, in Opposition zu gehen.

Einer davon lautet, dass es schwierig ist, gleichzeitig zu regieren und sich zu erneuern. Zudem ist eine Schwächung der AfD zu erwarten, wenn die beiden immer noch größten Parteien wieder unterscheidbarer werden und nicht bloß in einer großen Einheitskoalition vor sich hinregieren.

Doch Schulz und die SPD vermitteln etwas anderes: Sie sind sauer, dass sie verloren haben, daran sind sie auch nicht selbst schuld, sondern Merkel, und die soll jetzt mal allein schauen, wie sie klarkommt. Also wirft man ihr, ohne länger zu überlegen, den Bettel vor die Füße und mauert sich im Oppositionseckchen ein. So kann man sich im Kindergarten verhalten, aber nicht in der Politik, wenn man einer Partei angehört, die sich rühmt, für den Staat Verantwortung zu tragen.

Es ist zudem peinlich und wehleidig, die Schuld auf Merkel zu schieben. Wenn diese keine Argumente hatte, wie Schulz beklagt, dann müssten die Wählerinnen und Wähler ja eigentlich ihm und seiner SPD die Türe eingerannt haben vor Begeisterung über die rote Alternative. Das ist jedoch mitnichten passiert. "Erst das Land, dann die Partei", hat Schröder einmal gesagt. Bei Schulz heißt es: "Erst mal wir, der Rest ist uns egal."

Merkel kann einem fast schon leidtun. Denn die Fahrt nach Jamaika wird äußerst schwierig, und es ist noch nicht mal klar, ob sie dort jemals ankommt – nicht nur, weil Schulz mit seiner Verweigerung natürlich die Preise für FDP und Grüne in die Höhe treibt.

Auf der anderen Seite hat Merkel noch so einen Problembären sitzen, nämlich CSU-Chef Horst Seehofer. Der würde auch gern in Opposition gehen, schließlich heißt sein Credo: "CSU first, Bayern first." Denn in einem Jahr wird im Freistaat gewählt.

Man kann davon ausgehen, dass Seehofer den Grünen und Liberalen so wenig wie möglich gönnt. Und die beiden Kleinen müssen auch herzeigbare Jamaika-Ergebnisse heimtragen, sonst brauchen sie sich gar nicht vor ihre Basis zu trauen. Man kann an Merkel viel kritisieren, aber im Moment muss man ihr eines zugestehen: Sie ist die Einzige, die sich bemüht, eine Regierung für Deutschland zustande zu bringen. (Birgit Baumann, 25.9.2017)