950 Soldaten wurden nach Rocinha geschickt.

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Es kam zu mehreren Razzien.

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Das Militär will dort bleiben, bis die Ordnung wiederhergestellt ist.

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Rio de Janeiro – In der größten Favela von Rio de Janeiro ist die Gewalt zwischen Drogenbanden und den Sicherheitskräften eskaliert. Die Behörden schickten 950 Soldaten in das Armenviertel Rocinha mit geschätzt mehr als 70.000 Einwohnern, nachdem der Gouverneur des Teilstaates Rio de Janeiro, Luiz Fernando Pezao, rasche Unterstützung angefordert hatte.

Auch in anderen Favelas kam es zu Schießereien. Nach Angaben des Portals "O Globo" wurden am Wochenende dabei mindestens drei Menschen getötet, es kam zu neun Festnahmen, zudem wurden Gewehre und Munition sichergestellt.

Panzerwagen im Einsatz

Es kam zu Kriegsartigen Szenen. "Hier sind alle in Angst", berichtete ein Bewohner. Immer wieder waren Gewehrsalven zu hören, verängstigte Menschen suchten Schutz. Brasiliens Verteidigungsminister Raul Jungmann sagte, auch zehn Panzerwagen seien in Rocinha im Einsatz, schwer bewaffnete Soldaten patrouillierten auf den Straßen. Es kam zu Razzien, um Schusswaffen sicherzustellen. Wie der für die Operation zuständige General Mauro Sinot mitteilte, werde das Militär bis auf unbestimmte Zeit dort bleiben, um die Ordnung wiederherzustellen.

Ein großes Polizeiaufgebot schützte auch eine nahe gelegene Metrostation, damit tausende Musikfans zu "Rock in Rio" fahren konnten. Das Festival findet im Stadtteil Barra im früheren Olympiapark statt, die Metrolinie dorthin hält auch in Rocinha.

Auch in Favelas im Norden der Stadt kam es zu Feuergefechten. Nachdem viele Armenviertel in den vergangenen Jahren erfolgreich mit den sogenannten UPP-Polizeieinheiten (Unidade de Policia Pacificadora) befriedet werden konnten, gerät die Lage zunehmend außer Kontrolle.

Touristen meiden Rio

Seit den Olympischen Spielen vor einem Jahr hat sich die Lage dramatisch verschlechtert. Bereits im Juli waren tausende Soldaten entsandt worden, um in der 6,5-Millionen-Metropole die Machtzunahme von Drogenbanden zu bekämpfen. Im ersten Halbjahr wurden im Teilstaat Rio de Janeiro schon 2723 Menschen getötet – 10,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Tourismuszahlen sind eingebrochen, die Auslastung der Hotels lag der Tourismusbehörde zufolge zuletzt bei unter 50 Prozent. Sorgen bereitet auch die Alltagskriminalität.

An der Copacabana wurden vor einigen Tagen die Briten Neil Tennant und Chris Lowe überfallen, besser bekannt als die "Pet Shop Boys". Berichten zufolge wurden sie in der Nacht an der Strandpromenade von vier Transvestiten attackiert. "Sie haben mir meine Geldbörse und mein iPhone weggenommen", teilte Sänger Neil Tennant bei Facebook mit. Er bestritt aber, dass sie mit Messern attackiert worden seien.

Die Pet Shop Boys waren wegen des Festivals "Rock in Rio" in der brasilianischen Stadt. Rio de Janeiro kämpft mit Finanzproblemen, was zu Sparmaßnahmen auch bei der Polizei und zur Reduzierung von Unterstützungsmaßnahmen in den Armenvierteln (Favelas) führte. Viele der Favelas sind gesetzlose Räume – kriminelle Banden steuern von hier den Drogen- und Waffenhandel und finanzieren sich darüber. Den größten Einfluss hat das "Comando Vermelho", das "Rote Kommando". (APA, 24.9.2017)