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Für 100 illegale Game-Downloads ergibt sich laut statistischer Analyse ein plus von 24 "legalen Transaktionen".

Foto: Reuters

Die EU-Kommission will eine Verschärfung des Urheberrechts insbesondere im Hinblick auf digitale Güter durchsetzen. Wie nun aufgrund eines Leaks durch die EU-Mandatarin Julia Reda (Piraten beziehungsweise Grüne/EFA) bekannt wurde, geben im Auftrag der Kommission erhobene Daten jedoch wenig Grund dazu.

Kaum Auswirkungen durch Piraterie

Denn: Eine bereits 2015 durchgeführte Studie sieht in ihrer Zusammenfassung "keinen tragfähigen statistischen Beweis" dafür, dass Raubkopien signifikante Auswirkungen auf die Inanspruchnahme von Kaufangeboten haben. Das Dokument war bislang nicht veröffentlicht und nur in einem Aspekt erwähnt worden.

Der Erhebung liegt eine Online-Befragung von 30.000 Nutzern in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Spanien, Schweden und Polen zugrunde. Untersucht wurde der Konsum von Büchern, Filmen und Serien, Musik sowie Videospielen. Nachdem eine Anfrage von Reda nach der Studie mehrmals verzögert wurde, erhielt die Politikerin das über 300 Seiten starke Dokument (PDF) von ungenannten Kommissionsmitarbeitern. Nun hat es Netzpolitik.org allgemein zugänglich gemacht.

Weniger Blockbuster-Verkäufe

Die Forscher haben die Piraterie und ihre Auswirkungen mit statistischen Verfahren analysiert. Dazu wurde eine fiktive "displacement rate" (Verdrängungsrate) errechnet. Diese gibt an, wie viele bezahlte Konsumationen eines Mediums pro 100 illegalen Abrufen nicht erfolgt sind.

Diese Rate wird für Filme und Serien mit 27 angegeben, was bedeutet, dass den Urhebern pro 100 illegal gestreamten oder heruntergeladenen Werken 27 Käufe beziehungsweise bezahlte Leihen entgehen. Das Phänomen soll sich aber hauptsächlich auf Blockbuster konzentrieren. Einzig diese Zahl war von der Kommission bisher in einem Papier zu Umsatzverlusten der Unterhaltungsindsutrie erwähnt worden.

Piraterie steigert Games-Absatz

Im Bereich der Musik errechneten die Forscher einen Wert von null – zumindest nach statistischer Analyse konnte man also keinen Effekt feststellen. Den höchsten Wert erzielten digitale Bücher mit 38 Prozent. Hier betonen die Wissenschafter allerdings, dass die Gesamtzahl an illegalen Downloads vernachlässigbar sei.

Interessantes ergab die Erhebung bei Videospielen. Hier wurde ein Wert von 24 ermittelt, allerdings in die andere Richtung. Pro 100 illegalen Downloads wurde hier also ein statistischer Zugewinn von 24 Käufen errechnet. Das führen die Autoren auf Zusatzcontent zurück, den Spieler oft nach dem Kauf nachträglich erhalten.

Kritik

Reda kritisiert den Umgang der Kommission mit der Studie als "unredlich". Sie rechnet damit, dass infolge ihrer noch laufenden Anfrage die Studie demnächst auch offiziell veröffentlicht wird, und fordert die Vorlage von Beweisen, die eine Verschärfung des Urheberrechts in der EU begründen. (gpi, 21.9.2017)