Kecskemét – Die Luft im Laderaum des auf der Ostautobahn (A4) bei Parndorf abgestellten Lkw, in dem am 26. August 2015 71 Flüchtlinge erstickt sind, hat bei geschlossener Tür für höchstens 30 Minuten gereicht. Das geht aus dem technischen Gutachten eines österreichischen Experten hervor, das am Mittwoch beim Prozess in der ungarischen Stadt Kecskemét verlesen wurde.

Laderaum nur von außen zu öffnen

Es habe keine Beleuchtung und keine Haltegriffe im Laderaum gegeben, der nur von außen zu öffnen war, heißt es in der Expertise. Richter János Jádi verlas laut Nachrichtenagentur MTI die Prozessakten mit Aussagen von technischen und medizinischen Sachverständigen. Dabei ging es um die Festlegung des Todeszeitpunkts und um den Zustand des Transportfahrzeugs.

Laut dem medizinischen Bericht eines österreichischen Sachverständigen wiesen die Opfer keine inneren oder äußeren Verletzungen auf. Untersuchungen zufolge war eindeutig Sauerstoffmangel die Todesursache. Nach Öffnung das Lkw und der Bergung der Toten seien Temperaturen zwischen 29 und 42 Grad gemessen worden. Mehrere Leichen seien mit freien Oberkörpern, ohne Strümpfe und Schuhe gewesen. Von den 71 Opfern konnten bisher 70 identifiziert werden.

Ein Angeklagter noch flüchtig

Vor dem Gericht in Ungarn müssen sich seit 21. Juni mutmaßliche Mitglieder einer Bande verantworten. Den elf Angeklagten – einer davon ist noch flüchtig – werden unter anderem qualifizierter Mord und Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen, ihnen drohen hohe Haftstrafen. Laut einem Gerichtspathologen waren die Erst-, Zweit-, Dritt- und Viertangeklagten zur Tatzeit im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte und hätten die Folgen ihrer Tat ermessen können.

Das Verfahren wird am 2. Oktober fortgesetzt. Der für Freitag geplante Verhandlungstag fällt aus. (APA, 21.9.2017)