Die Campi Flegrei liegen nur vier Kilometer Luftlinie vom Stadtzentrum Neapels entfernt. Ihre Aktivität beunruhigt die Experten.

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Aberdeen – Auf den Top-Ten-Listen der potenziellen Weltuntergangsszenarien steht der Ausbruch eines Supervulkans meist ziemlich weit oben. Derzeit rechnet zwar niemand mit einer unmittelbar bevorstehenden Eruption, Tatsache ist allerdings, dass die Gefahr die, von einer solchen geologischen Zeitbombe ausgeht, nicht zu unterschätzen ist.

Etwa zwanzig aktive Supervulkane sind Wissenschaftern heute rund um den Globus bekannt. Nervös macht die Experten aktuell vor allem aber jener, der ausgerechnet im Süden Europas liegt: Die Phlegräischen Felder bei Neapel zeigten in den vergangenen Jahren beunruhigende Aktivität. Nun haben Forscher eine Magmaquelle unter den Campi Flegrei entdeckt.

Schnellkochtopf mit globalen Auswirkungen

Im Unterschied zu herkömmlichen Feuerbergen sind Supervulkane zu groß um einen Kegel auszubilden. Diese geologischen Phänomene bestehen aus einer gewaltigen Magmablase unter der Erdoberfläche, die sich über die Jahrtausende mit Gas anreichert. Dabei steigt der Druck wie in einem Schnellkochtopf – bis es zur Katastrophe kommt. Beim Ausbruch eines Supervulkans können auf einen Schlag mehrere Tausend Kubikkilometer Lava und Gestein ausgeschleudert werden. Die Folgen sind dem entsprechend global.

Dass es unter Europas Supervulkan, den Campi Flegrei, seit den 1960-Jahren wieder rumort, werten einige Experten als schlechtes Zeichen: Unter der rund 150 Quadratkilometer großen Caldera befindet sich eine riesige Magmakammer, die auch den benachbarten Vesuv speist. Zuletzt war dieser Supervulkan vor 15.000 Jahren ausgebrochen, inzwischen dürfte sich die Kammer aber wieder mit Magma gefüllt haben, was sich in unregelmäßig auftretenden Erdbeben und Bewegungen des Bodens äußert.

Geladenes System

Mittlerweile sind sich die Forscher sicher: Das System ist geladen. Das komplexe hydrothermale System der Campi Flegrei machen allerdings jegliche Prognosen schwierig: Die Wechselwirkungen zwischen aufsteigendem Magma, Grundwasser und Gasen sind schwer kalkulierbare Faktoren. Für akkurate Vorhersagen fehlen Informationen über die genaue Zusammensetzung des Magmas.

Nun hat ein Team um Luca De Siena von der University of Aberdeen in Schottland gemeinsam mit italienischen Wissenschaftern erstmals direkte Belege für die "heiße Zone" entdeckt, die den Supervulkan speist. "Eine der großen Fragen rund um die Phlegräischen Felder war stets, wo genau die Magmablase unter der Caldera versteckt ist", sagt De Siena.

Darauf dürften die Wissenschafter nun eine Antwort gefunden haben: Mithilfe seismologischer Untersuchungsmethoden lokalisierten sie in vier Kilometern Tiefe eine heiße Magmazone unter der 80.000-Einwohner-Stadt Pozzuoli, die sich weit ins Meer hinaus erstreckt.

Spitze des Feuerberges

Die Geologen befürchten, dass ihre im Fachjournal "Scientific Reports" präsentierten Ergebnisse nur gleichsam die Spitze des Eisbergs – oder besser: Feuerbergs – zeigen: Es sei laut De Siena wahrscheinlich, dass die Untersuchungen nur den obersten Rand einer größeren und wesentlich tiefer reichenden angefüllten Magmakammer enthüllt hätten.

Dass die Campi Flegrei unter Pozzuoli nicht schon längst ausgebrochen seien, könnte an einer massiven Felsformation liegen. Diese ein bis zwei Kilometer dicke Gesteinsschicht versperrt demnach dem Magma bisher den Weg zur Oberfläche versperrt. Das könnte bedeuten, dass sich der Druck horizontal ausgebreitet und sich womöglich woanders einen Weg zur Oberfläche bahnt.

"Das bedeutet, dass das Risiko, das von der Caldera ausgeht, eine größere Fläche betrifft", sagt De Siena. Es sei durchaus möglich, dass jene Kräfte, die vor Jahrzehnten den Boden unter Pozzuoli in Bewegung gesetzt haben, nun woanders wirken. "Was das über die Größenordnung eines künftigen Ausbruchs aussagt, lässt sich aktuell nicht sagen", so der Geowissenschafter. "Es besteht jedoch kein Zweifel daran, dass der Vulkan gefährlicher wird." (tberg, 19.9.2017)