Berlin – Angesichts zahlreicher Krankmeldungen bei Air Berlin nimmt der Druck auf die Piloten der insolventen Fluglinie zu, die Arbeit wieder aufzunehmen. "Ich wünsche mir, dass alle Beteiligten an den Gesprächen um die Zukunft von Air Berlin die Nerven behalten und versuchen, das Beste für die Beschäftigten zu erreichen", sagte die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries der "Bild"-Zeitung.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt forderte, "den Flugbetrieb jetzt bestmöglich aufrechtzuerhalten und nicht die Kunden in Mitleidenschaft zu ziehen".

Weitere Ausfälle

Am Mittwoch fallen vermutlich wieder zahlreiche Flüge aus. Es "liegen uns gegenwärtig 149 Krankmeldungen von Kapitänen und First Officers vor", schrieben Vorstandschef Thomas Winkelmann und seine Kollegen Oliver Iffert und Martina Niemann am Dienstag in einem internen Brief an die Piloten. Der Flughafen Düsseldorf teilte bereits mit, Air Berlin habe für Mittwoch 30 Starts und Landungen in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt gestrichen. Eigentlich waren für Mittwoch 182 Starts und Landungen von Air-Berlin-Fliegern in Düsseldorf geplant.

Es hätten sich zwar seit Dienstagabend mehr als zwei Dutzend Kapitäne wieder "fit to fly gemeldet". Dennoch sei man gezwungen, den Kunden wieder eine "unerträgliche Situation an den Flughäfen" anzubieten. "Wir müssen mindestens 32 Flüge bei uns streichen. Für Eurowings können wir 35 nicht durchführen." Man gehe davon aus, dass man ab Donnerstag wieder einen "stabilisierten Flugbetrieb" anbieten könne, so Winkelmann.

Am Dienstag hatten sich etwa 200 Kollegen zumeist kurzfristig krankgemeldet. Mehr als 100 Flüge fielen aus, auch einige von und nach Wien. Tausende Passagiere waren betroffen. Die Kosten für die Airline beliefen sich nach internen Berechnungen auf rund fünf Millionen Euro. Das Management sprach von einer existenzbedrohenden Situation für die Airline und kritisierte, ein Teil der Belegschaft spiele mit dem Feuer. Betroffen waren auch die Austrian Airlines (AUA): Diese haben derzeit fünf Air-Berlin-Flugzeuge samt Besatzung geleast und musste einige Flüge streichen.

Verschreckte Investoren

Der Vorstand, die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit und der Betriebsrat rief die gesunden Mitarbeiter dazu auf, zur Arbeit zu kommen. Die Unternehmensführung betonte: "Wir laufen massiv Gefahr, den Investorenprozess, den wir mit dem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung begonnen haben, nicht mehr zu einem möglichst positiven Ende zu führen." Um Investoren nicht zu verschrecken und möglichst viele Arbeitsplätze zu retten, sei es "entscheidend, den Flugbetrieb kurzfristig zu stabilisieren".

Die erneuten Turbulenzen kommen für Air Berlin reichlich ungelegen, schließlich drängt die Zeit für einen Verkauf. Massenhafte Ausfälle erwecken bei Interessenten nicht gerade Vertrauen. Bleibe es bei diesem Krankenstand, drohe vermutlich eine vollständige Liquidation der Fluggesellschaft, warnte der Generalbevollmächtigte Frank Kebekus im Intranet des Unternehmens. Kebekus soll die Airline sanieren und verhandelt mit der Lufthansa und weiteren Interessenten über einen Verkauf. An diesem Freitag endet die Bieterfrist, eine Entscheidung soll am 21. September fallen.

Chinesische Bieter

Wie am Mittwoch bekannt wurde, soll sich auch die chinesische Betreibergesellschaft des Flughafens Parchim, Link Global, ins Bieterverfahren eingeschaltet haben. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, habe Link Global in einer schriftlichen Absichtsbekundung ihr Interesse an einer Übernahme von Air Berlin mitgeteilt. Offenbar plane Geschäftsführer Jonathan Pang eine Verlegung der Airline nach Parchim. "Wir glauben, dass wir eine Win-Win-Situation für Air Berlin und den Flughafen Parchim schaffen können, wenn wir die Basis der Fluggesellschaft auf unseren Flughafen in Parchim verlegen können", schreibt Pang laut der Zeitung weiter. Der Insolvenzverwalter der Air Berlin äußerte sich auf Anfrage des Blattes nicht zu dem Schreiben.

Die verlustreiche Air Berlin hatte Mitte August Insolvenz angemeldet, nachdem ihre arabische Großaktionärin Etihad die Zahlungen eingestellt hatte.

Keine Ausfälle in Österreich

Die kurzfristigen Krankmeldungen haben keine Auswirkungen auf die Fluggäste am Flughafen Wien. Aktuell gebe es keine Flugstreichungen, erklärte AUA-Sprecher Wilhelm Baldia auf Anfrage der APA. Auch bei Air-Berlin-Tochter Niki gehe der Flugbetrieb "ganz normal weiter", sagte Niki-Sprecherin Milene Platzer am Mittwoch. (APA, 13.9.2017)