Es sei "unsensibel", über Klimawandel zu sprechen, während der Hurrikan Irma noch über Florida tobt, wies der Direktor der US-Umweltbehörde EPA, Scott Pruitt, ein ausgewiesener Klimaskeptiker, alle Kritiker zurecht. Nun kann man vom Umweltbeauftragten eines Präsidenten, der das Gerede von Treibhausgasen und Erderwärmung für Fake-News hält, nichts anderes erwarten. Aber auch im österreichischen Wahlkampf ist es nur wenigen ein Anliegen, die wohl größte Gefahr für unsere Zivilisation überhaupt anzusprechen.

In der Puls-4-Debatte mit Heinz-Christian Strache versuchte es die grüne Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek, indem sie Strache mit Donald Trump verglich. Zu Recht: Der FPÖ-Chef bezweifelt zwar nicht, dass es heißer wird, behauptet aber entgegen jeder wissenschaftlichen Erkenntnis, dass dies von Sonneneruptionen und anderen natürlichen Phänomenen verursacht wird. Und ebenso wie die meisten US-Republikaner oder der ÖVP-Kandidat Rudolf Taschner sieht Strache hinter dem Klimawandel eine Verschwörung von Wissenschaftern, die mit falschen Prognosen Ruhm und Geld für sich erwerben wollen.

Dass solche Meinungen existieren, erstaunt nicht. Dass sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, während die Folgen der Erderwärmung – Hitzewellen, Schneemangel in den Bergen, Dürre im Flachland, heftigere Unwetter – auch in unseren privilegierten Breitengraden immer stärker zu spüren sind, aber schon. Eine Partei, die Wissenschaft per se in Zweifel zieht, könnte bald in der Bundesregierung sitzen, und kaum jemand regt sich über diesen Obskurantismus auf.

Selbst die Grünen reden über andere Themen

Bis auf die Grünen fokussiert keine Partei den Klimaschutz. Und dass die Umweltpartei diesmal Angst haben muss, aus dem Nationalrat zu fliegen, hängt nicht nur mit der Parteispaltung durch Peter Pilz und ihrer nicht immer trittsicheren Doppelführung zusammen, sondern auch damit, dass ihr Leibthema bei den Wählern so wenig Widerhall findet. Selbst die Grünen reden daher lieber über Miethaie, Frauenrechte, Umverteilung und das Schicksal von Flüchtlingen.

Als politisches Thema taugt Klimaschutz aus mehreren Gründen nicht: Der Anstieg von CO2 in der Atmosphäre wird global verursacht und kann weder vom einzelnen Bürger noch von kleinen Ländern gestoppt werden. Ob Österreich seine Klimaziele erreicht oder – wie bisher – verfehlt, ändert nichts an den Erdtemperaturen. Und die schlimmsten Folgen des Klimawandels liegen in der Zukunft und treffen vor allem die nächste Generation. Der Preis des effektiven Handelns wäre hingegen gleich zu bezahlen.

Aber selbst dort, wo eine Vogel-Strauß-Haltung den eigenen Wohlstand bedroht, wird die Realität verdrängt. Das Ende des klimaschädlichen Verbrennungsmotors ist nur eine Frage der Zeit. Für die deutsche Automobilindustrie, die statt auf E-Mobilität auf Diesel gesetzt hat, ist das eine existenzielle Gefahr – und damit auch für Österreichs Wirtschaft, die so eng mit ihr verflochten ist. Aber die Politik in beiden Ländern tut so, als ob ein paar Umweltprämien und Software-Updates die Probleme lösen könnten.

Wenn dann eines Tages nur noch in Asien produzierte Elektrofahrzeuge mit US-amerikanischer Software auf den Straßen fahren, wird man auch bei uns auf die späten 2010er-Jahre zurückschauen und fragen, warum in einem Wahlkampf damals kaum über den Klimawandel gesprochen wurde. (Eric Frey, 12.9.2017)