Matthias Strolz, Ulrike Lunacek und Heinz-Christian Strache

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Wien – Der Fernsehwahlkampf zur Nationalratswahl ist Montagabend mit den ersten direkten Politiker-Duellen auf Puls 4 in die heiße Phase getreten. Den Anfang machten FPÖ-Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache und Neos-Chef Matthias Strolz. Unmittelbar danach traf Strache auf die Grüne Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek.

In den Puls 4-Konfrontationen, so eine Spielregel des Senders, müssen die Spitzenkandidaten zu Beginn dem jeweiligen Gegenüber ein Geschenk überreichen. Strolz, ungewohnt in Anzug und mit Krawatte, überreichte Strache einen Europa-Wimpel. Man kann österreichischer Patriot sein und Europa im Herzen tragen, so Strolz' Botschaft. Strache schenkte Strolz einen Bonsai-Baum – weil Strolz naturverbunden ist, so Strache. "Den bitte nicht zu fest umarmen."

Danach lieferten sich die Oppositionspolitiker einen ersten Schlagabtausch. Strolz sprach von "zwei grundverschiedenen Konzepten für die Ausrichtung Österreichs". Die FPÖ stehe für Abschottung, nationale Verengung und ein autoritäres Staatsverständnis, die Neos stellten dem ein offenes Österreich der Chancen und Hoffnungen gegenüber. Hinter den Neos stünden Millionäre und Oligarchen wie der Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner, konterte Strache. Strolz zückte postwendend ein Taferl-Bild, das Strache bei einem Treffen mit russischen Oligarchen zeigt. "Wenn Sie so anfangen, muss ich ein Stopp-Schild aufstellen."

"Brandmelder" und "Pyromane"

Konträr, entlang bekannter Positionen, lief die Debatte zum Thema Flüchtlinge, Migration und Integration. Strache sei "Brandmelder" und "Pyromane" zugleich, kritisierte Strolz. Der FPÖ-Chef forderte einmal mehr den Stopp der "Wirtschaftszuwanderung". Weit auseinander lagen Strolz und Strache auch in der Europapolitik.

Schnittstellen fanden sich indes bei Wirtschaftsthemen wie Steuersenkungen, dem Schutz des Bargelds, dem Nein zur Erbschaftssteuer oder der Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft bei Arbeiter- und Wirtschaftskammer. "Viele überlappende Zielsetzungen" ortete Strolz hier. "Wir meinen es ehrlich", ergänzte Strache in Richtung der abwesenden Regierungsparteien.

Der FPÖ-Chef nutzte seine Statements immer wieder für Kritik an den abwesenden Mitbewerbern von SPÖ und ÖVP. "Die Menschen wollen keine Fortsetzung von Rot-Schwarz oder Schwarz-Rot." Deshalb brauche es starke Freiheitliche, meinte Strache.

Nach 45 Minuten war es dann auch schon wieder vorbei. Schlusspunkt jedes Puls 4-Duells: der aktuelle Buchtipp. Strache empfahl Strolz "Völkerwanderung" des ehemaligen tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus, Strolz pries gleich sein eigenes Buch "Mein neues Österreich" an. 19 weitere Duelle auf Puls 4 und im ORF folgen.

Strache vs. Lunacek

Unmittelbar darauf traf Strache auf Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek. Hitzig wurde es vor allem gegen Ende der Debatte beim Thema Antisemitismus.

Als Strache anmerkte, dass es unter muslimischen Zuwanderern ein Antisemitismus-Problem gebe, konterte Lunacek mit ebensolchen Vorwürfen gegen Vertreter der FPÖ wie den Abgeordneten Johannes Hübner. "Tun's in Ihren eigenen Reihen kehren", empfahl die Grüne dem Blauen. Was folgte, war ein veritabler Schlagabtausch: Strache bezeichnete die Vorhaltungen als "schäbig" und befand, die Grünen agierten "hasszerfressen". Weil der FPÖ-Chef dann nicht bereit war, diese Aussagen zurückzunehmen, kündigte eine empörte Lunacek sogar an, rechtliche Schritte zu überlegen.

Zuvor war die Debatte eigentlich recht zivilisiert abgelaufen. Als Geschenk zu Beginn übergab Strache der Grünen Spitzenkandidatin "in Erinnerung an bessere grüne Zeiten" ein eingerahmtes Foto der zurückgetretenen Parteichefin Eva Glawischnig. "Besser wird's nicht", glaubt er. "Also ich freu' mich, dass Sie Eva Glawischnig so schätzen", meinte Lunacek, "ich schätze sie sehr". Die Grüne hatte in Anspielung an Straches Zweifel in Sachen Klimawandel drei Kinokarten für die Al Gore-Doku "Immer noch eine unbequeme Wahrheit – Unsere Zeit läuft" dabei.

"Austro-Trump"

Klima und Verkehr war dann auch der erste Themenblock, zu dem sich Grün und Blau matchen durften. "Der Klimawandel ist eine Selbstverständlichkeit und den gibt's, seit dieser Planet besteht", meinte Strache. Man könne streiten, wie groß der Anteil des Menschen daran sei. Die Themen Umweltschutz und Energiewende findet aber auch der FPÖ-Chef wichtig, wie er versicherte. Lunacek kaufte das dem Freiheitlichen, den sie wenig schmeichelhaft als "Austro-Trump" bezeichnete, freilich nicht ganz ab und verwies etwa darauf, dass die Ökostromnovelle im Nationalrat die Grünen durchgebracht hätten. In Sachen Dieselskandal waren sich die beiden Kontrahenten zumindest einig, dass die Automobilkonzerne als Verursacher und nicht die Autobesitzer für den Schaden blechen sollen.

Bekannte Positionen tauschten Strache und Lunacek beim Thema Sozialleistungen und Steuern aus. Zwar redeten die Spitzenkandidaten hier zeitweise parallel, die Positionen waren aber entgegengesetzt: So bewarb Lunacek eine Erbschaftssteuer, während Strache eine solche "unfair" fände.

Bei der "Ehe für alle" kamen Strache und Lunacek auch nicht zusammen. Der Freiheitliche propagierte die "traditionelle Familie", Kinder entstünden eben in einer Ehe zwischen Mann und Frau. "Familie ist heutzutage ein sehr breiter Begriff", meinte dagegen die offen homosexuelle Grüne. Sie verstehe nicht, warum sich die Leute vor der "Ehe für alle" fürchten. (APA, 11.9.2017)