Bild nicht mehr verfügbar.

Die erste Bayern-Niederlage kam bereits im dritten Spiel.

Foto: Reuters/PFAFFENBACH

Bild nicht mehr verfügbar.

Trainer Carlo Ancelotti muss sich Fragen stellen.

Foto: Reuters/PFAFFENBACH

Martin Harnik zangelt, Wolfsburg hat das Nachsehen.

Foto: imago/hübner

Sinsheim/Wolfsburg – Bei der Frage nach dem ersten Gegentor zog Carlo Ancelotti die linke Augenbraue hoch und kniff das rechte Auge zusammen. "So wie ich die Regel kenne", sagte der Trainer von Bayern München im Anschluss an das 0:2 (0:1) bei 1899 Hoffenheim in seinem Italo-Englisch, "wird das Spiel unterbrochen, wenn ein zweiter Ball auf dem Platz ist. Aber vielleicht hat sich die Regel geändert – das muss ich mal überprüfen."

Überprüfen sollte der Coach des Fußball-Rekordmeisters allerdings eher den Zustand seiner Mannschaft vor dem Auftakt in die Champions League am Dienstag gegen den RSC Anderlecht (20.45 Uhr/Sky). Denn es spricht nicht unbedingt für die Profis, dass sie sich beim 0:1 auf einen anderen Ball konzentrierten, der 50 Meter weit weg war. Schließlich waren sich alle Experten einig, dass der Treffer regulär war.

Stars auf der Ersatzbank

Aber auch Ancelotti selbst muss sich hinterfragen. Am Ende schien es jedenfalls nicht sonderlich klug gewesen zu sein, die Stars Franck Ribery, Arjen Robben und James zunächst auf die Ersatzbank gesetzt zu haben. Vor allem, weil die TSG um Doppeltorschütze Mark Uth (27. und 51.) im Vergleich mit Anderlecht als härterer Kontrahent gelten muss.

Auf Kritik musste der Italiener nicht lange warten. "Ich hätte auf jeden Fall mit der 1A-Mannschaft gespielt, um in der Liga als einzige Mannschaft mit neun Punkten dazustehen", sagte Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus im Sky-Studio: "Er hat mit Sicherheit kein glückliches Händchen bei der Aufstellung gehabt."

Richtig glücklich wirkten auch Präsident Uli Hoeneß und Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge nicht, als sie auf der Tribüne immer wieder die Köpfe zusammensteckten. Und Sportdirektor Hasan Salihamidzic schüttelte schon kurz vor dem Abpfiff den Kopf.

Profis selbstkritisch

Immerhin zeigten sich die Profis selbstkritisch. "Obwohl ein zweiter Ball beim ersten Gegentor im Spiel war, war es natürlich unsere eigene Schuld", äußerte Kapitän Manuel Neuer: "Wir waren nicht in Unterzahl und haben uns nicht optimal verhalten. Wir müssen vor dem Tor selbst in Führung gehen. Das war das Problem."

Die mangelhafte Chancenverwertung in der Druckphase vor dem Gegentor prangerte auch Kollege Mats Hummels an. "Hoffenheim war eiskalt. Die Qualität hatten wir diesmal nicht. Deshalb ist die Niederlage auch nicht unverdient, denn am Ende geht es ums Toreschießen", sagte der Innenverteidiger: "Das ist kein Beinbruch – aber nur, wenn man die richtige Reaktion zeigt. Und das wären zwei Heimsiege."

Siege gegen Hoffenheim gehören dagegen schon recht lange der Vergangenheit an. Die Münchner warten seit drei Partien auf einen Sieg gegen die Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann, die in der vergangenen Saison vier Punkte gegen die Bayern geholt hat.

Einen Komplex will Ancelotti aber noch nicht erkennen. "Es war eben ein schwieriges Spiel. Wir haben es versucht und hatten auch viele Chancen", sagte der Italiener lapidar: "Die Leistung war eigentlich in Ordnung, aber wir waren nicht bei 100 Prozent – und 95 Prozent haben nicht gereicht."

Harnik in "Müller-Manier"

Großes Lob gab es indessen für Martin Harnik. Der kuriose Treffer mit der Ferse und doppeltem "Gurkerl" des Österreichers zum 1:1 von Hannover 96 beim VfL Wolfsburg erinnerte Manager Horst Heldt an den erfolgreichsten Torjäger der deutschen Fußball-Bundesligageschichte: "Gerd-Müller-Manier" sei das gewesen.

Aus dem Getümmel kullerte der Ball in der 75. Minute zwischen die Beine von Abwehrspieler Robin Knoche und Tormann Koen Casteels über die Linie – zum 500. Auswärtstreffer von Hannover 96 in der Liga. "Doppelter Beinschuss mit der Hacke – das macht nicht jeder", lobte Heldt Torjäger Harnik, der schon im Auftaktspiel in Mainz zum 1:0-Sieg getroffen hatte, unmittelbar nach dem Match am Samstagnachmittag.

Und der dritte Auftritt des Aufsteigers in dieser Saison brachte dem 47-Jährigen noch eine Erkenntnis. "Wir können mithalten", betonte Heldt. Nach drei Spielen ist Hannover als Tabellendritter noch ungeschlagen und punktegleich mit Spitzenreiter Borussia Dortmund – und hat sogar einen Zähler mehr als Topfavorit und Titelverteidiger Bayern München, der bei Hoffenheim mit 0:2 die erste Saisonniederlage kassierte.

Die Abstiegsregion liegt derzeit in beruhigender Ferne, und das ist für den vor der Saison als Wackelkandidaten gehandelten Club aus der Hauptstadt Niedersachsens beachtlich. "Wir können mehr als zufrieden sein", sagte 96-Boss Martin Kind. Motivation, Charakterstärke und sogar gute spielerische Ansätze habe er gesehen. Diese Beobachtungen stimmten ihn zuversichtlich. (sid, APA – 10.9.2017)