Ganz entspannt: Warum kann es nicht das ganze Jahr über so schön sein?

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Karin Pollack beschäftigt sich von Berufs wegen mit Gesundheit. Manchmal ist sie selbst krank oder braucht Erholung, wie in diesem Fall.

Abstand ist für viele Erkenntnisprozesse eine wichtige Voraussetzung. Wer in Problemen feststeckt, verliert nur allzu leicht die Übersicht. Das gilt für so ziemlich alle Lebensbereiche, und selten hatte ich mir eine Auszeit so sehnlich herbeigesehnt wie diesen Sommer.

Leicht war es nicht, abzuschalten. Noch am Flughafen habe ich E-Mails gecheckt, habe wie gewöhnlich Websites nach neuen Nachrichten abgegrast und hatte noch eine Anrufliste abzuarbeiten. Und wie ich das alles geschafft hatte, setzte die Erschöpfung ein.

Konkret: das große Schlafen. Wie oft ich in meiner ersten Urlaubswoche beim Lesen eines Buches eingenickt bin, kann ich gar nicht sagen. Schlafen, aufwachen, lesen, wieder einschlafen – dazwischen Essen. Sonst war da nicht viel. Denn auf der abgelegenen Insel, auf der ich dieses Jahr meine Ferien verbrachte, gab es kein Mobilfunknetz. Damit fiel auch das ständige E-Mails-Checken und News-Lesen flach.

Zuerst Entzug, dann Herrlichkeit

In der ersten Woche hatte ich tatsächlich Entzugserscheinungen, was sich in einer WLAN-Suche äußerte. Aber dann gewöhnte ich mich an die Abgeschnittenheit und bemerkte: Offline sein ist ziemlich super. Man schaut aufs Meer, sieht den Vögeln beim Fliegen zu, beobachtet Wespen oder macht einfach gar nichts.

Nach zirka einer Woche holte mich auch der Schlaf beim Lesen nicht mehr ein. Plötzlich hatte ich Lust auf Wandern, Schwimmen, mit dem Boot fahren. Die Zeit verging plötzlich viel langsamer, und sämtliche Probleme waren ganz weit weg. Wie ich das gemerkt habe: Weil ich plötzlich nur mehr an Angenehmes dachte und mich intensiv mit kleinen Dingen beschäftigte. Ich machte neue Bekanntschaften, redete über Dinge, an die ich bislang noch nicht gedacht hatte. Ich schlief bestens, das Essen schmeckte mir besser, und manchmal wünschte ich, dass die Zeit stehen bleibt. So schön kann Erholung sein.

Nichtstun macht die Nerven stark, so interpretiere ich das für mich selbst. Und einstweilen hält dieser Effekt auch noch ein bisschen an. Nichts regt mich besonders auf, keine innere Unruhe treibt mich an, ich habe auch noch keine Liste geschrieben, weil ich mir die Dinge mühelos merke. Möge es ewig so bleiben. (Karin Pollack, 10.9.2017)