Norbert Maier hat die goldene Lyra von Ur nachgebaut.

Foto: eSeL.at - Lorenz Seidler

Wien – Wenn eine Institution von "Sendungsbewusstsein" spricht, ist man skeptisch. Das Außenministerium allerdings nahm den Begriff wortspielerisch, es gestaltete den Auftakt seiner Auslandskulturtagung am Dienstagabend bewusst als fiktive Ö1-Sendung, mit Kennmelodien und Radiomoderatoren, die österreichische Kulturarbeit als Teil der Diplomatie thematisierten.

Sie interviewten einige der aus allen Teilen der Welt angereisten, in Kulturforen, Botschaften, Generalkonsulaten, Österreich-Instituten und -Bibliotheken Tätigen zu ihrer Arbeit. Ziel war es, zu erfahren, was sich jenseits der schönen Worte, dass Kunst und Kultur der Menschheit zu dienen hätten, konkret abspielt, verändert, erreichen lässt.

Etwa wenn man zwischen Silicon Valley, österreichischen Künstlern und Hightechunternehmern vermitteln will. Über diese Aufgabe sprach Martin Rauchbauer, Co-Direktor von "Open Austria" in San Francisco. Es sei das Modell einer Kooperation mit dem Wirtschaftsministerium, und Ziel sei es, in einer Region, die als Versuchslabor der Zukunft gilt, sowohl kreativ wie geschäftlich weiterzukommen. "Creative Austrians" zu fördern ist sowieso einer der Schwerpunkte der Kulturarbeit. In einem Buch dieses Titels werden Projekte von Abfallbeseitigung über Schlafforschung bis zur Braille-Tastatur für Tablets vorgestellt.

Zu den Herausforderungen für die Kulturarbeit im Ausland zählt, dass Österreich einerseits, wenn überhaupt, dann eh als Kulturnation wahrgenommen wird – "ein Selbstläufer", wie es auf der Ö1-Bühne hieß – und dass man damit wuchern kann, aber darauf nicht sitzen bleiben darf und es zumindest in neue Bahnen lenken muss. "New Austrian Sound of Music" nennt sich eine Amalgamierung von bekanntem Klischee und Innovation, ein Förderprogramm, das in der kommenden Saison 25 Formationen zugutekommen wird. Eine von ihnen, Die Kusimanten, ein österreichisch-ukrainisches Damentrio, begleitete den Abend mit einer Art Funk-Jazz-Klassik.

Diplomaten in Nahost

"Was können wir Diplomaten in Nahost tun?" fragte Aloisia Wörgötter, die Leiterin der ministeriellen Taskforce Dialog der Kulturen. Eine überraschende Antwort gab der Tiroler Harfenbauer Norbert Maier. Er hatte ein im Irakkrieg zerstörtes, 5000 Jahre altes Instrument, wahrscheinlich eines der ältesten der Welt, rekonstruiert und spielte auf der Lyra live. Der diplomatische Zusatznutzen: Die irakische Regierung hatte das Unterfangen gefördert. Sie habe, heißt es, die Initiative als sehr positiv empfunden.

Worin die Hauptarbeit der kulturpolitischen Sektion im BMEIA besteht, erläuterte deren Leiterin Teresa Indjein: "Wir steuern still, wir ermutigen, budgetieren, evaluieren." Da komme es bei einem operativen Jahresbudget von nur vier Millionen Euro auf viel Feinarbeit an, vor allem wenn damit noch die weiteren Schwerpunkte Film, Literatur und Förderung von Frauen in Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft unterstützt werden sollen.

Zur Frage der Evaluierung dieser Programme sagte Indjein abseits der Tagung, dass Kunst und Kultur auch ohne Kalkül bestehen solle: "Manches kann man abzählen, anderes ist schwerer messbar, etwa wie tief die Lektüre eines Buches gegangen ist oder wie viele Leute zu etwas inspiriert werden. Aber wir stehen ungeteilt zu solchen unmessbaren Folgen. Wir erfahren, ob es Folgeprojekte für Künstler gibt." Letztlich sei wichtig, was einer ihrer Vorgänger im Amt, Botschafter Emil Brix, einmal so formuliert habe: "How many friends do you have?"

Das konnten die rund 100 Teilnehmer aus den Auslandskulturstellen ermessen, als sie sich nach dem offiziellen Teil mit einer viel größeren Zahl an Kulturinteressenten und -proponenten zum Networking trafen. Mittwoch war dann der Tag der internen ministeriellen Konferenz, und am Abend präsentierte Wörgötter im Porgy and Bess die fünf Preisträger der Intercultural Achievement Awards 2017. (Michael Freund, 6.9.2017)