Der ÖVP-Vorschlag, Unternehmen die Körperschaftsteuer auf nicht ausgeschüttete Gewinne zu erlassen, erscheint zunächst wie ein weiteres türkises Zuckerl an die Wirtschaft. Aber es gibt auch gute Argumente für eine solche Reform des Steuerwesens.

Ziel ist, dass weniger vom Überschuss an die Eigentümer fließt und mehr davon investiert wird, was wiederum das langfristige Wachstum ankurbeln soll. Auch die Arbeiterkammer beklagt ja regelmäßig, dass Österreichs Konzerne zu hohe Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten; der ÖVP-Plan würde den Anreiz dazu stark verringern.

Doch das Vorhaben hat mehrere Haken. Der Einnahmenausfall für den Staat ist gewaltig – die Schätzungen der Industriellenvereinigung sind realistischer als jene des Kurz-Teams. Und es kann gut sein, dass die Gewinne gehortet und nicht investiert werden. Ein großer Cashpolster lässt bei börsennotierten Konzernen meist die Kurse steigen. Wer seine Aktien dann verkauft, hätte ebenso profitiert wie nach einer Dividendenausschüttung – aber mit einer geringeren Steuerlast. Das wäre eine Subvention für Reiche.

Es ist vernünftig, eine Reform der Unternehmensbesteuerung anzudenken, und der ÖVP-Plan ist dazu ein guter Denkanstoß. Aber angesichts der hohen Kosten wird er wohl selbst bei einem Kurz-Wahlsieg wieder in der Schublade verschwinden. Kein Finanzminister will auf so viel Geld für einen so unsicheren Nutzen verzichten. (Eric Frey, 5.9.2017)