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Das einzige deutsche TV-Duell ist geschlagen. SPD-Chef Martin Schulz überraschte mit Kritik an Angela Merkels Flüchtlingspolitik und einem harten Kurs gegenüber der Türkei.

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Umfragen sehen die Kanzlerin aber als Siegerin.

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Restlos glücklich waren sie am Sonntagabend schon während und auch nach dem TV-Duell in der Merkel-Ecke zunächst nicht. Denn auch die Berater, Begleiter und Mitarbeiter der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel mussten konstatieren: So schlecht hat sich Schulz nicht geschlagen. Doch das große Aufatmen erfolgte noch in der Nacht zum Montag. Sowohl das ZDF als auch die ARD, die das Duell gemeinsam mit RTL und Sat1 ausgestrahlt haben, gaben danach eine Blitzumfrage heraus.

Dabei zeigte sich: Die Deutschen sehen Merkel drei Wochen vor der Wahl als Siegerin. Für die ARD fand Infratest dimap heraus: 55 Prozent der Zuseher stuften Merkel als überzeugender ein, nur 35 Prozent Herausforderer Schulz. Sehr viel knapper ist das Ergebnis bei der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF. Aber auch hier hat Merkel die Nase mit 32 Prozent vor Schulz, den 29 Prozent besser fanden.

Insgesamt sahen 16,1 Millionen Zuseher das Aufeinandertreffen, der Marktanteil lag damit bei 45,8 Prozent, nicht ganz die Hälfte der Fernsehzuseher hatten einen der vier Sender eingeschaltet. Ein Straßenfeger war das Duell nicht. 2013, als sich noch SPD-Kandidat Peer Steinbrück an Merkel abarbeitete, waren 17,64 Millionen Zuseher dabei. Als Merkel selbst 2005 Gerhard Schröder herausforderte, wollten dies 20,98 Millionen Menschen sehen.

In der SPD versucht man nun natürlich, das Duell als Trendwende zu verkaufen. Derzeit liegen die Sozialdemokraten in Umfragen rund 15 Punkte hinter der Union. Der deutsche Justizminister Heiko Maas (SPD) erklärt: "Martin Schulz und der gesamten SPD wird das Duell Rückenwind geben." Und bei der Union sagt Fraktionschef Volker Kauder (CDU), man gehe nun mit großer Zuversicht in den Endspurt. Er mahnt aber: "Die Wahl wird nicht in einem Duell entschieden."

Nicht zufrieden mit dem Duell ist die Opposition. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch bekannte, er habe immer wieder mal zur Volleyball-EM Deutschland-Russland geschaltet. Denn Schulz und Merkel hätten ohnehin nur ein "großkoalitionäres Therapiegespräch" geboten.

Fehler in der Asylpolitik

Doch es gab nicht nur Gleichklang. Auf einigen Feldern waren Merkel und Schulz unterschiedlicher Meinung. So kritisierte Schulz, dass Merkel im Herbst 2015 die Grenzen geöffnet, aber sich nicht innerhalb der EU abgestimmt habe. Schulz: "Wir haben den Fehler gemacht, dass wir die europäischen Nachbarn nicht vorher gefragt haben." Merkels Konter: "Das sehe ich anders, und Herr Schulz weiß es eigentlich auch."

Allerdings: Schulz hat in der fraglichen Zeit als EU-Parlamentspräsident nie Kritik an Merkels Willkommenskultur geübt. Im Gegenteil: In einem Interview Mitte Februar 2016 nahm er Merkel und die deutsche Bundesregierung ausdrücklich in Schutz und betonte damals: "In einer akuten Notsituation hat die Bundesregierung richtig gehandelt."

Rente mit 70 kommt nicht

Schulz warf Merkel zudem vor, die Union trete für die Rente mit 70 ein. Das aber wies Merkel strikt zurück. Es bleibe bei der Anhebung des Pensionsantrittsalters auf 67 Jahre.

Und Schulz sorgte für Aufregung, indem er erklärte, er als Kanzler würde die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abbrechen (siehe Artikel rechts). So hart wollte sich Merkel nicht zeigen, sie betonte, es gehe bei den Verhandlungen ohnehin nichts voran. Auch diese Wende war neu. Schulz' Tenor einst: "Sprachlosigkeit hat noch nie weitergeführt, sondern birgt eher die Gefahr weiterer Eskalation in sich." (4.9.2017)