Bild nicht mehr verfügbar.

Angela Merkel blieb im vierten TV-Duell als Spitzenkandidatin souverän. Ihr Herausforderer Martin Schulz erlaubte sich ein paar Angriffe, aber nicht den einen großen Frontalangriff – was wohl auch unglaubwürdig gewirkt hätte.

Foto: Mediengruppe RTL Deutschland (MG RTL D)/Handout via REUTERS

Das war er also, der sogenannte Höhepunkt des deutschen Wahlkampfs: das einzige TV-Duell, die einzige Gelegenheit, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und ihren SPD-Herausforderer Martin Schulz auf Augenhöhe zu erleben. Gleich vorweg: Den einen großen Moment, der in die TV-Geschichte eingehen wird, gab es nicht. Man wartete vergeblich.

Vielmehr erlebte man tatsächlich zwei Politiker auf Augenhöhe, allerdings auf generell sehr niedriger. Merkel spielte ihr "Sie kennen mich"-Programm ab, sie präsentierte sich als Kanzlerin und ließ Schulz, etwa als es um die vielen Flüchtlinge im Jahr 2015 oder die inhaftierten Deutschen in der Türkei ging, spüren, dass es sich in der Opposition leicht fordern lässt, eine Kanzlerin aber immer das große Ganze im Blick haben muss.

Es war ihr nach dem Aufeinandertreffen mit den Sozialdemokraten Gerhard Schröder (2005), Frank-Walter Steinmeier (2009) und Peer Steinbrück (2013) ihr viertes Duell, man merkte ihr, deren Medium nicht unbedingt das Fernsehen ist, die Routine und Erfahrung an, es war ihr bester Auftritt. Und Merkel konnte natürlich – wie erwartet – mit dem gern eingestreuten Hinweis punkten, dass die Sozialdemokraten schließlich in den vergangenen vier Jahren alle Beschlüsse in der Regierung mitgetragen hätten.

Allzu oft musste sie dies aber ohnehin nicht anbringen, denn Schulz erlaubte sich zwar ein paar Angriffe, aber nicht die große Frontalattacke, das wäre angesichts der Konstellation in der großen Koalition auch unglaubwürdig gewesen. Obwohl er der bessere Rhetoriker ist und auch am Sonntagabend eloquent auftrat, merkte man ihm sein großes Bemühen an, alles richtig zu machen: Er wollte angreifen, aber nicht zu sehr, er wollte Botschaften unterbringen und Merkel bloßstellen.

Äußerst merkwürdig und enttäuschend waren die Fragestellungen der vier Moderatoren. Im ersten Teil ging es fast nur um die Flüchtlinge, lange diskutierte man rückwärtsgewandt, was man 2015 anders hätte machen können. Und beide – Schulz wie Merkel – folgten brav wie die Lämmer, keiner hatte den Mut zu sagen: Lassen Sie uns doch mal nach vorne blicken.

Die USA und Nordkorea wurden abgearbeitet, bevor es endlich in die Innenpolitik ging. Wertvolle Sendezeit fraß der Dieselskandal, man hörte – wie auch sonst – nur Altbekanntes.

So viele wichtige Themen wie Bildung, die maroden Schulen, die bröckelnde Infrastruktur, der knappe Wohnraum in Städten oder die Digitalisierung kamen gar nicht oder viel zu wenig vor. Vielleicht wäre es hier lebhafter geworden – man weiß es nicht. So bleibt der Eindruck: Zwei Profis plauderten, Merkel kennt man eh, Schulz ist auch nicht schlecht, aber wenn er nicht Kanzler wird, geht Deutschland auch nicht unter. Und eigentlich passen die zwei ganz gut zusammen. Man könnte also die große Koalition durchaus fortsetzen. (Birgit Baumann, 4.9.2017)