Für Jungmediziner muss es mehr Anreize geben, um in den Allgemeinmedizinbereich einzusteigen.

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60 Prozent aller Allgemeinmediziner in Österreich sollen bis 2025 in Pension gehen. Doch wer folgt nach? Die Umsetzung des Gesundheitsreformumsetzungsgesetzes, kurz PHC-Gesetz, ist gewiss eine notwendige Grundlage für eine solide medizinische Basisversorgung in der Zukunft. Dennoch wird diese allein nicht ausreichen, um tatsächlich den Nachwuchs in dieses Fach zu locken. Mit der Novellierung der Ärzteausbildung hat man sich in dieser Hinsicht wohl einen zusätzlichen Stein in den Weg gelegt.

Eigentor durch Ausbildungsnovelle

Die eigentlichen Problemlöser wurden in der Debatte kaum beachtet. Das sind jene, die derzeit in Ausbildung stehen und die Lücke ab 2025 füllen sollen. Angesichts des drohenden Mangels in der Allgemeinmedizin müsste man gerade bei den Studierenden ansetzen und sie zu einer Karriere in diesem Fach motivieren.

Doch die Realität sieht anders aus: Der Anreiz, aus dem "Arzt für Allgemeinmedizin" wie in Deutschland einen eigenen "Facharzt" zu machen, wurde im letzten Moment zunichtegemacht. Außerdem müssen sich angehende Allgemeinmediziner nun aktiv dafür entscheiden, dieses Fach zu wählen. Im Vergleich zum alten Turnussystem fallen also viele potenzielle Allgemeinmediziner weg.

Allgemeinmedizin im Studium ausbaufähig

Parallel dazu fehlt die Präsenz der Allgemeinmedizin teilweise im universitären Bereich. In Innsbruck beispielsweise gibt es bis heute noch kein eigenes Universitätsinstitut für Allgemeinmedizin. Dementsprechend sind auch die praktischen Erfahrungen der Studierenden mit der Allgemeinmedizin im Vergleich zu anderen Fachbereichen gering.

Wenngleich sich Allgemeinmediziner in Tirol für die Ausbildung starkmachen, scheint auf politischer Ebene der Wille nicht allzu groß zu sein. Lieber arbeitet das Land Tirol am Konzept einer zweiten Med-Uni. Der dadurch erhoffte Effekt bleibt, angesichts derzeit bereits hoher Absolventenzahlen, stark zu bezweifeln.

Es fehlt an Anreizen

Bestehende Unis hätten durchaus die Chance, Studenten während ihrer fünfjährigen Studienzeit für eine spätere hausärztliche Karriere in der Region zu motivieren. In erster Linie scheitert das hierzulande jedoch an unattraktiven Bedingungen. Nicht unerwähnt darf an dieser Stelle die Bezahlung bleiben. Während man im klinisch-praktischen Jahr (KPJ), dem letzten Studienjahr, im Großteil der Krankenhäuser Aufwandsentschädigungen erhält, geht man im allgemeinmedizinischen KPJ-Teil meist leer aus.

Das PHC-Gesetz ist ein fundamentaler Grundstein für die zukünftige Primärversorgung in Österreich, alleine wird es die Problematik aber vermutlich nicht lösen können. Vielmehr sind es auch verschiedenste kleinere Räder, an denen man drehen müsste, um die zukünftigen Ärzte dazu zu motivieren, eine allgemeinmedizinische Karriere anzustreben.

Ohne Anreize für die Allgemeinmedizin wird der Großteil der Absolventen in eine Facharztausbildung wechseln oder Österreich den Rücken kehren. "Zeit heilt Wunden" wird in diesem Fall wohl nicht das richtige Sprichwort sein – bis 2025 ist es nicht mehr allzu lang, und motivierte angehende Hausärzte sind derzeit jedenfalls rar. (Raphael Bertsch, 7.9.2017)