Er war zehn Minuten auf dem Spielfeld und traf einmal ins Tor. Aber als sein Team das Elfmeterschießen verlor, war er nicht mehr zur Stelle: Aus PR-Perspektive war der Fußballauftritt von Bundeskanzler Christian Kern in Alpbach nicht geglückt – so wie einst sein Gastspiel als fröhlicher Pizzabote. Kern bemüht sich zwar um Volksnähe, aber der Zuseher merkt dabei die Absicht. Das ist nicht stimmig, das verstimmt.

Das wäre weniger schlimm, wenn es nicht ein Grundproblem des SPÖ-Chefs in diesem Wahlkampf offenlegen würde: Kern fehlt – und das ist kein Wortspiel – der Markenkern. Wofür der Simmeringer Arbeitersohn, der dann zum Spitzenmanager wurde, eigentlich steht, lässt sich nur schwer in Worte fassen.

Das gelingt seinem Rivalen Sebastian Kurz viel besser. Selbst bei seinem etwas holprigen ORF-Sommergespräch blieb der ÖVP-Chef dem treu, wie er sich seit Monaten inszeniert: als junger Mann, der in dieser Republik wirklich etwas verändern will. Zuwanderung stoppen, Sicherheit erhöhen, Steuern senken – das sind einfache Botschaften, die sich zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügen.

Dass Kurz dabei bloß Überschriften liefert, schadet ihm wenig. Kern hat zwar in seinem Plan A und dem 200 Seiten starken Wahlprogramm unzählige Vorschläge gemacht. Aber selbst treue SPÖ-Wähler tun sich schwer, auch nur ein paar Punkte aufzulisten.

Auch beim aktuellen Streit um das Sicherheitspaket hat die ÖVP eine verständliche Position – die Behörden müssen in der Lage sein, nicht nur Telefonate, sondern auch Whatsapp und Skype im Internet zu überwachen -, während sich die SPÖ in eine "Ja, aber nicht so"-Haltung verstrickt.

Dabei bringen die Kritiker sachlich berechtigte Einwände vor. Aber nur wenige Wähler interessieren sich für komplexe Argumente oder langwierige Programme. Die meisten treffen ihre Wahlentscheidungen so, wie sie Waschmittel und Autos kaufen. Sie suchen ein geradliniges Narrativ, in dem die Person des Spitzenkandidaten und ihre Grundhaltungen bruchlos zusammenpassen. Kurz bietet eine solche Marke. Kerns Bild vom eleganten Wirtschaftsexperten auf Robin-Hood-Mission ist hingegen zu widersprüchlich, um wirklich authentisch zu sein.

Auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat ein ernsthaftes Markenproblem. Er hat jahrelang die Rolle des bissigen Angreifers geübt und bringt sich nun als Koalitionspartner ins Spiel. Das hat zwar einst das große Schauspieltalent Jörg Haider geschafft, aber Strache kann die Kluft zwischen Rattenfänger und Staatsmann kaum überbrücken. Sein Vize Norbert Hofer ist hier, wie man etwa bei der Präsentation des FPÖ-Wirtschaftsprogramms gesehen hat, besser aufgestellt. Er hat offenbar die Lehren aus dem Präsidentschaftswahlkampf gezogen und kann scharfe Kritik herrlich sanft verpacken. Aber blauer Spitzenkandidat ist nicht er, sondern Strache.

Noch ist der Wahlkampf nicht voll angelaufen, noch hat auch Kern zahlreiche Möglichkeiten, Fehler der letzten Zeit auszumerzen – so etwa in seinem Sommergespräch am Montag. Klug und redegewandt ist er ja. Aber eine schlecht aufgestellte Marke – das weiß jeder Werbeexperte – lässt sich in ein paar Wochen nicht reparieren. Und während man mit einer geschickten Positionierung auch große inhaltliche Schwächen übertünchen kann, ist ein unklares Image meist ein Zeichen, dass am Produkt nicht alles stimmt. (Eric Frey, 31.8.2017)