Die gelben Gallen auf einer der größten Braunalgen der Welt werden von einem einzelligen Parasiten ausgelöst.

Foto: Pedro Murua

Innsbruck – Sie ist eine der größten Braunalgen der Welt: Durvillaea antarctica, auch Bull Kelp genannt, erreicht eine Länge von bis zu zehn Metern. Wie seit Jahrzehnten bekannt ist, wird die Seetangart häufig von einem Parasiten befallen, der handtellergroße gelbe Geschwülste (sogenannte Gallen) verursacht. Forscher um Sigrid Neuhauser von der Universität Innsbruck haben den Übeltäter nun identifiziert: Es ist ein bislang unbekannter Einzeller aus der Gattung der Phytomyxea, der den Namen Maullinia braseltonii erhielt.

"Phytomyxea sind einzellige Organismen, die sich in der Evolutionsgeschichte als eigenständige Gruppe völlig unabhängig von Tieren, Pflanzen, Algen oder Pilzen entwickelten und somit mit keiner bekannten Gruppe verwandt sind. Sie kommen von Böden bis zum Meer überall vor, sind bisher aber wenig erforscht, obwohl sie großen Schaden anrichten können", sagte die Mikrobiologin Neuhauser.

Infektion und Destabilisierung

Sobald der nun identifizierte Parasit seinen Wirt gefunden hat, heftet er sich an die Oberfläche, bildet einen Stachel bzw. ein Rohr und injiziert sich selbst in die Zellen, vergleichbar mit einer Spritze, so Neuhauser.

"Ist das geschafft, beginnt die Zellteilung und die Infektion des Gewebes, die sich bei der Braunalge in der Ausbildung der gelben Gallen äußert", erläuterte die Mikrobiologin. Diese harten Wucherungen führen zu einer Destabilisierung der Seetangart, die vor allem in der südlichen Hemisphäre riesige Tangwälder bildet. "Der wenige tausendstel Millimeter große Parasit ist also in der Lage, eine der größten Algen der Erde zu befallen und massiv zu schädigen".

Wirtschaftsfaktor und Lebensraum

Die Algen hätten sich in den vergangenen Jahren nicht nur zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt (sie werden etwa in Medizin und Kosmetik eingesetzt), sondern erfüllten eine wichtige Funktion im Ökosystem. Tangwälder würden Einfluss auf Meeresströmungen nehmen und seien ein wichtiger Lebensraum für zahlreiche Meeresbewohner. Daher sei das Verständnis der Probleme dieser Lebewesen umso wichtiger.

Konkrete Strategien zur Bekämpfung der Parasiten gebe es derzeit nicht, so Neuhauser: "Wir müssen die Arten zunächst besser verstehen lernen. Den Fischern vor Ort haben wir aber empfohlen, die befallenen Teile der Alge zumindest nicht mehr zurück ins Meer zu werfen, da sich die Parasiten sonst natürlich weiterverbreiten." Abgerissene Teile könnten tausende Kilometer weit driften und dann erneut Tangwälder infizieren.

Darauf deuten Meldungen von den Faröer-Inseln, aus Neuseeland oder Australien hin. Künftige Bekämpfungsstrategien könnten vor allem in der Züchtung besonders resistenter Individuen liegen, weniger in der direkten Behandlung bereits befallener Algen, so Neuhauser: "Diese Strategien stehen aber alle noch am Anfang. In der Schädlingsbekämpfung ist alles auf Pilze und Bakterien ausgerichtet, das funktioniert bei den Phytomyxea aber leider nicht". (APA, red, 28.8.2017)