Im Bezirk Murtal gibt die Bezirkshauptmannschaft umstrittene Tipps, an wen die Bauern ihre Schafe verkaufen sollen.

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Judenburg/Graz – Ein Schafbauer aus dem Bezirk Murtal wunderte sich dieser Tage über ein Schreiben, das er von seiner Bezirkshauptmannschaft erhalten hatte. Darin werden Schaf- und Ziegenhalter im Bezirk "ab einer Bestandsgröße von 20 kleinen Wiederkäuern" darauf aufmerksam gemacht, dass das muslimische Opferfest vor der Tür stehe und es dabei bei vielen Muslimen üblich sei, "zu opfern und rituell, das heißt ohne vorangehende Betäubung, zu schlachten".

Weiters wird betont, dass das sogenannte Schächten nach dem Tierschutzgesetz grundsätzlich verboten sei, es sei denn, ein Betrieb habe eine Sonderbewilligung, die aber im Bezirk Murtal niemand habe. Ratlos hinterließ den Landwirt das Ende des Schreibens, in dem es heißt, dass "keine kleinen Wiederkäuer an Personen verkauft werden dürfen, wenn der Verdacht besteht, dass diese Tiere geschächtet werden".

"Verkauft nicht an Moslems"

Abgesehen davon, dass ihm der Aufruf sinngemäß wie die Parole "Verkauft nicht an Moslems!" vorkomme, fragt sich der steirische Biobauer, der das Schreiben dem STANDARD weiterleitete: "Bei welchen Menschen besteht der Verdacht, dass sie Gesetze nicht einhalten? Bei Menschen mit dunkler Hautfarbe? Bei Menschen mit ausländischem Akzent?" Vor allem rätsle er: "Nach welchen Parametern sollen wir Landwirte ermitteln, ob es sich bei potenziellen Käufern um Menschen muslimischen Glaubens handelt, die zu Gesetzesbrüchen neigen?"

Der STANDARD fragte in der zuständigen Bezirkshauptmannschaft nach. Dort wurde man auf die Fachabteilung für Gesundheit und Pflegemanagement des Landes Steiermark verwiesen, habe man doch nur auf deren Geheiß das Schreiben ausgeschickt. Peter Wagner, der Leiter der Veterinärdirektion des Landes, die in ebendieser Fachabteilung angesiedelt ist, kann auf Nachfrage des STANDARD nicht erklären, auf welcher Rechtsgrundlage das Schreiben an Landwirte in der gesamten Steiermark ging.

Man könne den Bauern natürlich nicht vorschreiben, an eine bestimmte Bevölkerungsgruppen nicht zu verkaufen, räumt er ein. "Natürlich ist es zulässig zu verkaufen, und man kann nicht automatisch einen Verdacht haben", so Wagner. Was seiner Meinung nach einen Verdacht erwecken könnte, dass jemand Muslim ist? "Das ist die Frage, das ist schwierig", sagt Wagner, "aber es ist auch schon vorgekommen, dass Leute gleich auf dem Hof, wo sie das Vieh gekauft haben, schächten. Dann weiß man es sicher."

79 Schafe illegal geschächtet

Grund zur Sorge bestehe jedenfalls. Im Vorjahr gab es etwa eine illegale Schächtung von 79 Schafen im Bezirk Weiz, so Wagner, "das wurde auch gerichtlich verurteilt".

Betriebe mit Bewilligungen, die Schächtungen unter der Einhaltung von strengen Auflagen durchführen dürfen – so muss etwa ein Tierarzt anwesend sein und unmittelbar nach dem Schächtschnitt eine Betäubung erfolgen –, gebe es in der Steiermark nur zwei.

Was den Berg- und Biobauern, der den STANDARD kontaktierte, besonders aufregt, ist der Umstand, dass er und andere "seit Jahren für ein stressfreies Schlachten im gewohnten Lebensumfeld der Tiere eintreten, womit wir aber bei der Politik nur gegen Mauern rennen, weil man sich immer auf die EU ausredet, und die EU redet sich auf nationale Gesetze aus. Wenn es aber dann um Muslime geht, macht man sofort einen Kniefall vor dem Rechtsruck im Land", vermutet der Bauer.

Rechtlich gegen stressfreies Schlachten

Auf die Initiative für das stressfreie Schlachten, um das es ja auch dem Gesetzgeber im Tierschutz gehe, angesprochen, meint der Leiter der Veterinärdirektion Wagner: "Das sind zwei völlig verschiedene Geschichten." Bei der sogenannten Weideschlachtung gebe es "rechtliche Dinge, das hat uns das Ministerium mitgeteilt, daran müssen wir uns halten".

Das Opferfest findet heuer von 31. August bis 4. September statt. (Colette M. Schmidt, 28.8.2017)