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Ein Studiofoto aus dem Jahr 2014 zeigt einen Big Mac aus einer Filiale in Caracas. Laut dem offiziellen Wechselkurs der venezolanischen Regierung hat der Burger 14,60 US-Dollar gekostet. Der Bolívar wurde künstlich überbewertet.

Foto: Reuters / Carlos Garcia Rawlins

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Dieser Big Mac erscheint nicht im Index. Das Kunstwerk von Tom Friedman wurde bei der Expo 2015 in Milan präsentiert.

Foto: Reuters / Stefano Rellandini

Viele Urlauber kennen das. Die mediterrane Sonne und der Cocktail am Strand haben die geistigen Fakultäten bereits eingetrübt, da kommt ein mobiler Tandler und präsentiert freundlich in gebrochenem Deutsch seine scheinbar exklusive Ware: Nur 150 Euro für eine "originale" Gucci-Tasche, bequem am Strand zu kaufen? Nein, danke. Früher einmal hätte der gleiche Deal um 300.000 Lire vielleicht attraktiver gewirkt.

Seit es den Euro gibt, können Österreicher auf Capri, Mallorca und Korfu leichter einschätzen, ob man sie über den Tisch zieht. Außerdem wird einem Besucher, der regelmäßig in Griechenland urlaubt, sofort klar, dass seit der Eurokrise vieles billiger geworden, also die eigene Kaufkraft gestiegen ist.

Außerhalb der Eurozone ist es jedoch nicht immer leicht einzuschätzen, ob eine Mahlzeit, eine Eintrittskarte oder ein Souvenir teuer oder günstig ist. Wechselkurse bedeuten Kopfrechnen. Und man muss immer auf dem neuesten Stand bleiben. Jüngst überstieg der Euro etwa die 1,20-Dollar-Marke. Anfang des Jahres herrschte noch fast Parität: Ein Euro konnte in einen Dollar umgetauscht werden.

Billiges Bier

Intuitiv wenden viele Konsumenten im Ausland einen Trick an: Wer ein bekanntes Produkt kauft, dessen Preis er von zu Hause kennt – für viele das große Bier –, weiß schnell, ob die eigene Kaufkraft vor Ort besser oder schlechter ist. Genau diesen Trick nutzt der britische "Economist", um rasch zu schätzen, wie stark eine Währung ist. Seit über 30 Jahren vergleicht das Magazin mit seinem Big-Mac-Index, wie viel der Burger in mehr als 100 Ländern kostet.

DER STANDARD

Der Burger von McDonald's ist ideal dafür. Seit 50 Jahren gib es ihn. Er wird in über 100 Ländern der Welt verkauft. Zutaten, Menge und Qualität sind immer nahezu gleich. Trotzdem zahlen Fastfoodfans dafür in manchen Ländern mitunter das Vierfache von zu Hause.

Helvetische Hochpreisinsel

In den USA kostet der Burger momentan 5,30 Dollar. In der Schweiz gibt es den teuersten Big Mac um satte 6,74 Dollar. Auch in Norwegen und Schweden legt man für einen Big Mac mehr hin als in den USA. In der Eurozone kostet der Big Mac im Schnitt 4,47 Dollar, in Ägypten nur 1,75 Dollar. In Österreich ist der Big Mac mit einem Preis von 3,88 Dollar unter den günstigeren innerhalb der Währungsunion.

Der Burger-Vergleich soll nicht nur Amerikanern helfen, ihre Kaufkraft im Ausland einzuschätzen. Investoren gibt der Big-Mac-Index einen Hinweis, wie sich der Kurs einer Währung längerfristig entwickeln dürfte. Überbewertete Währungen sollten schwächer werden, unterbewertete Währungen stärker.

Wissenschaftliche Weisheiten

Dahinter steckt ein altes Konzept der Volkswirtschaftslehre aus dem 19. Jahrhundert, die Kaufkraftparität. Demnach tendiert ein Wechselkurs dazu, dass zum Beispiel mit Dollar und Euro derselbe Warenkorb auf beiden Seiten des Atlantiks gekauft werden kann oder eben ein Big Mac gleich viel kostet, jeweils in einer der beiden Währungen ausgedrückt.

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Ein Studiofoto aus dem Jahr 2014 zeigt einen Big Mac aus einer Filiale in Caracas. Laut dem offiziellen Wechselkurs der venezolanischen Regierung hat der Burger 14,60 US-Dollar gekostet. Der Bolívar wurde künstlich überbewertet.
Foto: Reuters / Carlos Garcia Rawlins

Würden über längere Zeit die gleichen Waren in einem Währungsraum billiger sein als in einem anderen, träten findige Händler auf den Plan, die hier günstig einkaufen und dort teurer verkaufen. Auf Märkten gleichen sich Preise für identische Güter automatisch an. Natürlich lässt die Theorie diverse Kosten etwa für Transport und Zölle aus. Auch unterschiedliche Entwicklungsniveaus bleiben unberücksichtigt. Mittlerweile berechnet der "Economist" daher auch einen wohlstandsbereinigten Index.

Dankbare Daumenregel

Aber für die Prognose langfristiger Trends, wenn ärmere Länder wie China oder Indien stark wachsen etwa, sagt die Theorie der Kaufkraftparität vorher, wie sich Wechselkurse entwickeln, um Preisunterschiede auszugleichen. Der Big-Mac-Index hat sich des Öfteren bewährt.

Direkt vor der Einführung des Euro hatten die Burgerpreise signalisiert, dass er überbewertet war. Die meisten Experten waren davon ausgegangen, dass die gemeinsame Währung gegenüber dem Dollar steigen würde. Tatsächlich verlor der Euro damals deutlich an Wert.

Gemäß den Burgerpreisen sind derzeit der Schweizer Franken, die norwegische Krone und die schwedische Krone gegenüber dem US-Dollar überbewertet, das ägyptische Pfund ist stark unterbewertet. Auch der Euro ist demnach unterbewertet. Das Burger-Orakel hat den Anstieg der Gemeinschaftswährung in diesem Jahr schon angedeutet.

Die Erwartung lautet daher, dass die Pralinen bei Sprüngli künftig für Besucher etwas erschwinglicher werden. Wer nach einem günstigen Souvenir sucht, sollte nach Ägypten reisen, bevor das dortige Pfund weiter anzieht. (Leopold Stefan, 12.9.2017)