17 der 266 Insassen der Justizanstalt Korneuburg sind Frauen, wobei zehn davon in Untersuchungshaft sitzen.

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Die Justizanstalt Korneuburg in Niederösterreich ist kein typisches österreichisches Gefängnis, aber eines, das für andere Anstalten ein Vorbild sein könnte: helle Hafträume mit breiten Fenstern, in jeder Zelle Bad und WC, maximal zwei Betten pro Raum – und nur eine Minderheit ist hier tagsüber eingeschlossen. Mehr als zwei Drittel der Insassen sind im offenen oder halboffenen Vollzug, dürfen sich also rund um die Uhr oder zumindest tagsüber im Trakt frei bewegen. Die durchschnittliche Einschlussdauer liegt bei elf Stunden pro Tag.

Bauchweh unbegründet

Vor fünf Jahren wurden die Insassen vom alten Gefängnis in den Neubau übersiedelt. "Mit Bauchweh", wie Anstaltsleiter Wolfgang Turner erzählt – in der alten Anstalt gab es nur geschlossenen Vollzug, der Umgang mit der lockeren Inhaftierung war für die Justizwache ein unbekanntes Terrain. Die Ängste seien unbegründet gewesen: Binnen zweier Jahre seien die Disziplinarverstöße um zwanzig Prozent zurückgegangen, die Medikamentenkosten pro Person seien überhaupt um zwei Drittel gesunken. Warum? "Wir führen das auf den offenen Vollzug zurück", sagt Turner. Der Verbrauch an Psychopharmaka sei geringer.

Niederösterreichs Vorzeigegefängnis wird immer wieder auch für ausländische Delegationen geöffnet. Am Freitag war die bulgarische Justizministerin Tsetska Tsacheva, die derzeit auf Besuch beim österreichischen Amtskollegen Wolfgang Brandstetter (ÖVP) weilt, auf Besichtigungstour in Korneuburg. Die Werkstätten, in denen die Häftlinge unter anderem Tischlern oder Fahrräder reparieren lernen, waren Teil der Tour. Ein Erzeugnis aus der Werkstätte wurde spontan zum Geschenk Brandstetters an die bulgarische Ministerin umgewidmet: eine schmiedeeiserne Rose – die aus Flugsicherheitsgründen wohl nicht mit nach Sofia reisen darf, da die Ministerin laut eigenen Angaben nur mit Handgepäck fliegt.

Häftlinge nach Bulgarien überstellt

Die Gesprächsthemen der beiden Minister kreisten einerseits um die EU-Ratspräsidentschaften – ab Jänner 2018 hat Bulgarien den Vorsitz und übergibt im Juli an Österreich –, aber auch um die Überstellung in Österreich inhaftierter Bulgaren an die bulgarische Justiz. Derzeit kämen 50 Häftlinge für eine solche Übergabe infrage, sagt Brandstetter. Im Vorjahr seien zwölf Insassen überstellt worden, heuer seien es allein bis August ebenfalls zwölf Häftlinge gewesen. Bei den in Korneuburg inhaftierten Bulgaren handle es sich überwiegend um Diebstahlsdelikte, sagt Turner. "Eine typische Klientel", wie Tsacheva meint. (Maria Sterkl, 26.8.2017)