Wolford-Chefs Brigitte Kurz und Axel Dreher kämpfen mit Verlusten und sinkenden Umsätzen.

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Wien – Bis Jahresende gibt sich Wolford Zeit. Dann muss ein neuer Investor gefunden sein, der die Laufmaschen des Strumpf- und Wäschekonzerns stoppt. 50 Geldgeber aus aller Welt bieten sich an – strategische Partner ebenso wie Finanzinvestoren, lässt Konzernchef Axel Dreher wissen. Er ist zuversichtlich, die Luxusmarke damit aus der Krise zu führen.

Die Vorarlberger stecken tief in der Verlustzone, die Umsätze brachen ein. 51 Prozent der Anteile sind in der Hand der Familien Wilhelm und Palmers, die diese verkaufen wollen. Eigentümer und Stiftungsvorstand hätten zu spät auf Probleme, in die sich Wolford manövrierte, reagiert. Bis die Banken sie aufforderten, Geld in die Hand zu nehmen oder die Reißleine zu ziehen, erzählen Unternehmenskenner dem STANDARD. Doch währenddessen sank der Wert des börsennotierten Konzerns.

30 Prozent im Streubesitz

Was die Suche nach neuen Investoren erschwert: An der Traditionsmarke ist zu einem Viertel auch der Deutsche Ralph Bartel, Multimillionär und Gründer des Reiseportals Travelzoo, beteiligt. 30 Prozent sind in Streubesitz. Neben Bartel haben daher auch die Kleinaktionärsvertreter ein Wörtchen mitzureden – was Finanzinvestoren abschreckt. Manch einer soll nicht bereit sein, für die Anteile zu zahlen, und hofft auf einen Schuldennachlass der Banken.

Wolford gilt in seiner Nische als Rarität mit einer im Luxussegment nach wie vor starken Marke. Patente sichern Innovationen ab. In eigener Hand ist die figurbetonte Produktion ebenso wie das Filialgeschäft. Die Gruppe zählt zudem zu den Letzten der Branche, die noch in Europa fertigen. Herzstück ist Bregenz mit mehr als 600 Mitarbeitern und 380 eigens angepassten Strickmaschinen. In Slowenien sind 280 Näherinnen beschäftigt. Verkauft wird weltweit.

Einbußen im Großhandel

Konsumenten lassen sich Textilien jedoch schon seit Jahren immer weniger kosten. Der stationäre Handel verliert an Gewicht, vor allem viele Luxusanbieter müssen sich neu erfinden. Was Wolford zu schaffen machte, waren vor allem Einbußen im Großhandel, sprich in Kaufhäusern und bei Handelspartnern. Eigene Filialen, die rund 70 Prozent des Absatzes stemmen, bügelten Umsatzrückgänge zwar aus. Sie sind aber mit mehr Kosten für Mieten, Personal und langwierigen Verträgen verbunden.

Zu widrigen Rahmenbedingungen kamen bei Wolford hausgemachte Pannen. Softwareumstellungen klappten nicht, Lieferungen mussten verschoben werden, berichten Partner. Nach Absatzrückgängen sollen wiederum die Lagerbestände gestiegen sein, was Geld bindet. Neben guten Mitarbeitern verlor der Konzern auch in der Kollektion den roten Faden. Innovationen machten sich rar.

Weiterer Fauxpas: Eine Prüfung durch die Prüfstelle für Rechnungslegung ergab Fehler in der Cashflow-Rechnung. Diese müssen in den Bilanzen nun rückwirkend bereinigt werden.

Die Zeit läuft

Eine Kehrtwende sei zu schaffen, sind sich Textilexperten wie Martin Zieger, der die Branche seit Jahrzehnten begleitet und zuletzt Huber lenkte, einig. Dafür erfordere es jedoch Geld, Eingriffe in die Filialstruktur und die Kollektion.

"Wolford ist eine sehr gute Marke, die erhalten werden muss", ist Zieger überzeugt. "Es braucht jedoch den richtigen Investor, und es muss schnell gehen."

Fast 18 Millionen Euro Verluste häufte der Konzern 2016/17 an. Der Umsatz sank um fünf Prozent auf 154 Millionen Euro, das Eigenkapital um 30 Prozent auf 45 Millionen Euro. 25 Prozent mehr Umsatz seien nötig, um mit bestehenden Strukturen profitabel zu sein, geht aus dem aktuellen Geschäftsbericht hervor. Wirtschaftsprüfer Deloitte hält im Bestätigungsvermerk "wesentliche Unsicherheiten in Bezug auf die Fortführung der Unternehmenstätigkeit" fest.

Fünf Millionen Euro an Einsparungen

Dreher ist sich sicher, dass die Sanierung auch mit leichten Zuwächsen zu schaffen ist, und verspricht die Rückkehr in die Gewinnzone für 2018/19. Bis zu fünf Millionen Euro müssen eingespart werden, ergänzt die neue Finanzchefin Brigitte Kurz. Dabei werde man sich auch die Personalstrukturen "genau ansehen". Mit Banken will sie über die Verlängerung der Kreditlinien über Juni 2018 hinaus in Höhe von bis zu acht Millionen Euro verhandeln.

Dreher kündigt an, etwa Lieferketten und Einkauf zu verbessern, Mietverträge nachzuverhandeln, den Vertrieb neu zu strukturieren und Onlinegeschäfte zu stärken.

982.000 Euro an Dividenden wurden für 2015/16 ausgeschüttet. Im aktuellen Geschäftsjahr soll an die Aktionäre kein Geld fließen. Für Dividenden hätten Banken, wie es in der Branche heißt, derzeit nämlich wenig Verständnis. (Verena Kainrath, 24.8.2017)