Die Zahl der Wählerinnen und Wähler, die die Freiheitlichen jemals wegen ihres Wirtschaftsprogramms gewählt haben, dürfte sich in engen Grenzen halten. Wenn es auch diesmal so sein wird, dann liegt das nicht nur an der lebendigen Erinnerung an die blauen Wirtschaftsgenies in der schwarz-blauen Regierung, sondern mehr noch an deren Beitrag zum Reichtum Kärntens, an dem jahrelang die gesamte Republik mitnaschen durfte. Die diesbezüglich von Strache und Co gepflegte Vergessenskultur, ohnehin gelegentlich gestört von bis in die Gegenwart ragenden Prozessen zum Erweis von Unschuldsvermutungen, hätte man nicht noch einmal, wie nun geschehen, durch die Präsentation eines Wirtschaftsprogramms trüben müssen. Dieses erinnert mehr an vergangene Leistungen, als es eine bessere Zukunft glaubhaft macht.

Und das ist nicht die Meinung böser Linker. "Freibier für alle!", fasste Die Presse den Inhalt der 55 Seiten zusammen, "Geldgeschenke für fast alle", der Kurier, "ein buntes Wohlfühlprogramm, das alle glücklich machen soll", sogar die Krone, einst die Treueste der Treuen. Das ist traurig, haben sich doch die Verfasser redlich bemüht, sich in vorauseilender Anschmiegsamkeit an ein noch ausstehendes Programm der ÖVP Sebastian Kurz als Koalitionspartner zu empfehlen. Dabei müssen sie nicht befürchten, dass ihr unumstößliches Nein zu Erbschafts- und Maschinensteuern dort auf ein unumstößliches Nein stoßen wird. Und noch weniger, dass Kurz, nachdem er schon die Volkspartei umzukrempeln vorgab, nun auch noch den ruchlosen Klassenkampf für sich entdeckt, den schon die geistigen Vorgänger der blauen Burschengschaftlhuber wenigstens für die Zeit von tausend Jahren ein für alle Mal verboten haben. Und die sind ja noch nicht um.

Natürlich wissen auch Strache und Hofer als Propagandisten einer sozialen Heimatpartei, dass sie nicht wegen ihrer ökonomischen Expertise gewählt werden. Das wäre ja gelacht. Schon gar nicht, wenn sie unter der Allerweltsparole "Fairness. Freiheit. Fortschritt" angepriesen wird. Aber der Aufwand schien notwendig, seit ihnen Kurz in der Migrationsfrage mit der ganzen Unbarmherzigkeit der Jugend das Wasser abgräbt. Das Alleinstellungsmerkmal in Ausländerfeindlichkeit war jahrelang der Garant für steten Zulauf an Wählern und für die Hoffnung, irgendwann einmal stärkste Partei zu werden. Aber seit ein Integrationsminister seine Position dazu nutzt, ebenfalls in diesen trüben Gewässern zu fischen, und das in der Maske juveniler Unschuld, schmilzt diese Hoffnung dahin. Also galt es, ein zweites Standbein im Kampf um die Wählergunst zu präsentieren.

Müßig, noch ehe der heiße Wahlkampf richtig begonnen hat, über Koalitionen zu spekulieren. Aber sollte das blaue Wirtschaftsprogramm ernst gemeint sein, schließt es eine Koalition mit der SPÖ noch klarer aus, als andere Unterschiede es tun. Als Sprungbrett in eine neue schwarz-blaue Koalition könnte es für Strache zur letzten Chance werden, doch einmal beim Regieren dabei sein zu dürfen. Gelingt es auch diesmal nicht, ist er wohl Geschichte. Egal in welcher Position. (Günter Traxler, 24.8.2017)