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Donald Trump bei seiner Rede in Fort Myer. Zur neuen Strategie der USA in Afghanistan nannte er nur wenige Details.

Foto: REUTERS/Joshua Roberts

Die Rede Trumps zur Afghanistan-Strategie in voller Länge.

U.S. Department of State
ORF

US-Präsident Donald Trump hat ein stärkeres Engagement der amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan angekündigt. Ein schneller Rückzug aus Afghanistan würde ein Vakuum schaffen, das Extremisten ausnutzen würden, sagte Trump am Montagabend in Fort Myer, gleich vor den Toren Washingtons. "Mein ursprünglicher Instinkt war abzuziehen." Seine Sicherheitsberater hätten ihn aber von einem stärkeren Engagement überzeugt, um zu verhindern, dass die radikalislamischen Taliban die Regierung in Kabul stürzen.

Erklärt hat Trump, wie eigentlich immer, nicht viel, als er seine Rede zur besten Sendezeit hielt. Statt Strategien verständlich zu machen, beließ er es bei seinem Standardargument, wonach man dem Gegner nur Vorteile verschaffe, wenn man zu viel über seine eigenen Absichten verrate. Nicht einmal die Größenordnung der angepeilten Truppenaufstockung wollte er nennen, obwohl sie kein Geheimnis mehr ist. Dass ungefähr viertausend zusätzliche US-Soldaten entsandt werden sollen, hat sein Mitarbeiterstab die Presse längst wissen lassen.

Druck auf Pakistan

Wirklich neu ist nur, mit welch scharfer Rhetorik Trump den schwierigen Partner Pakistan in die Mangel nimmt. Das Land, verlangt er, müsse aufhören, Terroristen zu beherbergen, die "unsere Leute" töten, während es gleichzeitig Milliarden über Milliarden an amerikanischen Hilfsgeldern kassiere. Verstärkter Druck auf die Regierung in Islamabad: Eine Strategie lässt sich darin noch nicht erkennen, so berechtigt die Klage auch sein mag.

Trump schloss eine politische Einigung mit den Taliban nicht aus, blieb aber vage. "Irgendwann, nach einem erfolgreichen Militäreinsatz, wird vielleicht eine politische Einigung möglich sein, die auch Elemente der Taliban in Afghanistan einschließt", so Trump. Niemand könne jedoch sagen, "wann oder ob das jemals geschehen wird". Die afghanische Regierung begrüßte den Schritt. Die Taliban drohten Trump alleridngs nur wenige Stunden nach seiner Rede: Sie seien nicht kampfesmüde. Sollten die USA nicht abziehen, werde Afghanistan zu ihrem "Friedhof" werden, hieß es in einem Statement von Taliban-Sprecher Zabiullah Mujahid. So lange es nur einen einzigen amerikanischen Soldaten in Afghanistan gebe, werde der Heilige Krieg weiter geführt.

Kaum Erfolgsaussichten

Früher war es für Trump einfacher. Während sich sein Vorgänger im Oval Office den Kopf über die richtige Strategie am Hindukusch zerbrach, ohne letztlich erfolgreich zu sein, klopfte der Immobilienunternehmer wohlfeile Sprüche. Wann werde Amerika wohl aufhören, sein Geld in Afghanistan zu verschwenden und sich dem Aufbau des eigenen Landes zuwenden, twitterte er etwa im Oktober 2011. Und 15 Monate später: "Lasst uns Afghanistan endlich verlassen. Unsere Soldaten werden getötet von denselben Afghanen, die sie ausbilden. Unfug! Baut die USA wieder auf!"

Trump, der Präsident, musste einsehen, dass es in der realen Politik komplizierter zugeht als in der Welt der Kurzbotschaften mit ihren 140 Zeichen. Dass es einfache Lösungen nicht gibt, schon gar nicht für Afghanistan, wo sich die Interessenkonflikten rivalisierender Warlords mit den Interessenkonflikten konkurrierender Nachbarländer in einem Knäuel verheddern, das aufzudröseln einen diplomatischen Kraftakt erfordern würde, einen Kraftakt ohne Erfolgsgarantie. Wo die reale Gefahr besteht, dass Extremisten das Vakuum füllen, sobald der Westen die Segel streicht.

Der Nummer 45 im Weißen Haus geht es im Grunde nicht anders als George W. Bush und Barack Obama. Wer immer an der Pennsylvania Avenue residiert, lernt irgendwann, dass es für amerikanische Präsidenten am Hindukusch keine Siege zu feiern gibt. Jedenfalls nicht auf Dauer. Mit Selbstlob hat Trump einmal mehr nicht gegeizt ("Ich bin ein Problemlöser"). Wäre er ehrlich, würde er sagen, dass er im Augenblick nur improvisiert. Die Taliban sind auf dem Vormarsch, die afghanische Armee erleidet hohe Verluste. Und die US-Generäle, von denen sich der Mann im Oval Office so beeindruckt zeigt, dass er ihrem Rat schließlich folgte, spielen die Rolle von Feuerwehrleuten. Mehr nicht. (Frank Herrmann aus Washington, 22.8.2017)