Schon im vergangenen Jahr hatte eine Frau ihre Hochzeit verweigert, weil ihr Verlobter in ihrem Haus kein WC einbauen lassen wollte.

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Jaipur – Weil ihr Haus nach fünf Jahren Ehe noch immer keine Toilette hatte, ließ sich eine Inderin nun scheiden. Nach Angaben des Anwalts der jungen Frau urteilte Familienrichter Rajendra Kumar Sharma, dass die Unfähigkeit des Mannes, eine Toilette einbauen zu lassen, mit Quälerei gleichzusetzen sei.

Scheidung aufgrund von Quälerei

Scheidungen sind in Indien nur in wenigen Fällen zulässig – unter anderem bei Quälerei oder Gewalt. Laut dem Anwalt wies der Richter im nordindischen Bundesstaat Rajasthan darauf hin, dass Frauen in ländlichen Gebieten oftmals unter Schmerzen den Einbruch der Dunkelheit abwarten müssten, um sich auf offenem Feld zu erleichtern. Das Fehlen sanitärer Einrichtungen bezeichnete er als Schande und als Folter.

Es ist nicht das erste Mal, dass in Indien eine Hochzeit wegen fehlender Toiletten annulliert wurde. Im vergangenen Jahr hatte eine Frau aus dem Bundesstaat Uttar Pradesh ihre Hochzeit verweigert, weil ihr Verlobter in ihrem Haus kein WC einbauen lassen wollte. Und im Juni weigerte sich eine andere Frau, nach Hause zurückzukehren, solange ihre Schwiegereltern nicht für eine eigene Toilette aufkommen.

Anhaltendes Problem

Der Mangel an sanitären Einrichtungen ist ein drängendes Problem in Indien. Rund 594 Millionen InderInnen und damit fast die Hälfte der Bevölkerung haben laut Unicef keine Toilette.

Seit kurzem ist das Problem auch Thema eines satirischen Liebesfilms aus Bollywood: "Toilet: Ek Prem Katha" (Toilette: Eine Liebesgeschichte) erzählt die Geschichte eines Mannes, der unermüdlich für Toiletten in seinem Dorf kämpft, nachdem ihn seine junge Frau wegen dem fehlenden WC in seinem Haus verlassen hatte. (APA, 21.8.2017)