Die in der Straße von Gibraltar geretteten fast 600 Flüchtlinge wurden in den Hafen der andalusischen Stadt Tarifa gebracht.

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Fast 600 Flüchtlinge wurden am Mittwoch von der spanischen Küstenwache in der Straße von Gibraltar gerettet. Bereits vergangene Woche sorgte die Ankunft eines Flüchtlingsboots am helllichten Tage am gut besuchten Strand Playa de los Alemanes in Zahara de los Atunes für Aufsehen. Und auch auf der Urlaubsinsel Mallorca wurden deutlich mehr Ankünfte verzeichnet als in den vergangenen Jahren.

Laut dem UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) in Spanien sind mit Stand 16. August heuer schon 9630 Bootsflüchtlinge angekommen – im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 3805. Bereits seit Anfang des Jahres steigen die Zahlen, sagte eine UNHCR-Sprecherin zum STANDARD. Gründe dafür konnte sie nicht nennen. Erst wolle man mit den Angekommenen reden.

Fischer werden zu Schleppern

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) geht davon aus, dass die Migranten zunehmend die gefährlichere Route durch die Sahara und schließlich durch Libyen meiden. Auch der Seeweg ist auf der westlichen Mittelmeerroute weit kürzer und sicherer als auf der zentralen Route. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex erklärt den Anstieg mit wachsender Instabilität in einigen Herkunfts- und Transitländern sowie dem Rückbau von Flüchtlingscamps in Marokko und Algerien. Ein weiterer Grund ist laut einem Bericht der britischen BBC, dass vermehrt marokkanische Fischer ins lukrative Schleppergeschäft einsteigen.

In Bulgarien hat Dinko Walew, der berüchtigtste aller "Flüchtlingsjäger", kürzlich erst Probleme mit der Justiz bekommen. Nicht aber, weil er etwa wieder Flüchtlinge, die über die türkische Grenze kamen, mit Plastikbändern gefesselt auf dem Boden aufgereiht hätte wie ein Jäger seine Beute. Der 30-jährige selbsternannte "Grenzverteidiger", wurde 72 Stunden in Polizeigewahrsam gehalten, weil er einen Mann mit seinem Mobiltelefon geschlagen hatte. Das Opfer zog seine Anzeige am Ende zurück. Dinko ist schließlich in Bulgarien ein gefeierter Held.

2000 Asylanträge sind in dem Balkanland seit Beginn des Jahres registriert worden. Für die Regierungskoalition in Sofia, an der erstmals ein Bündnis rechtsgerichteter Parteien beteiligt ist, darunter auch die Rechtsextremen von Ataka, ist dies eine höchst alarmierende Zahl.

"Hoch spezialisierte Kampftruppen" an die Grenze

Verteidigungsminister Krasimir Karakatschanow, Chef der Nationalistenpartei VMRO, füllte deshalb das Sommerloch mit einer dramatischen Ankündigung: Bis zu 600 Soldaten der bulgarischen Armee würden an die Grenze zur Türkei entsandt, sagte der Minister in einem Interview mit der deutschen Tageszeitung Die Welt. Die Grenze werde in fünf Abschnitte geteilt, bewaffnete Truppen in Kompaniestärke würden in jeden dieser Sektoren abgestellt – "auch hoch spezialisierte Kampftruppen", präzisierte Karakatschanow. Was genau der Auftrag dieser Truppen sein soll, sagte der Minister aber nicht. (Kim Son Hoang, Markus Bernath, 17.8.2017)