Nach der frühen Verwirrung, ob es sich bei dem Schlachtruf "Hol dir, was dir zusteht!" um eine vulgärmarxistische Anwandlung oder um eine individualanarchistische Aufwiegelung zur längst fälligen Tat handelt, hat sich die Situation inzwischen ein wenig geklärt. Als Erste, aber bisher auch Einzige, die sich davon angesprochen fühlten, entpuppten sich jene, deren Großspenden schon jetzt ankündigen, sie würden sich nach der Wahl von einem Kanzler Kurz politisch holen, was ihnen aufgrund ihres finanziellen Einsatzes zustehe. Klar, dass sie für ihr Geld etwas holen wollen, sonst könnten sie ja auch dem Personenkomitee für Christian Kern spenden, dieses steht schließlich Spendern aus allen Lagern offen.

Sonst leidet der Versuch der SPÖ-Wahlstrategen, mit diesem Slogan aus einem Silberstein Funken zu schlagen, nicht nur an der doppelten Schwierigkeit, die konkreten Adressaten auszumachen. Wer in diesem Staat ist denn schon nicht der Meinung, dass ihr, ihm was auch immer zusteht? Dann sollte man auch klar dazusagen, wo er, sie es sich holen kann und warum gerade dort. Bloße Vermutungen sind da zu wenig. Ein Wahlkampf ist auch kaum die richtige Zeit, die daraus folgende, seit Jahrtausenden umstrittene Frage aufzuwerfen, wem was zusteht. Gesellschaftsphilosophie zwei Monate vor dem Wahltag – das führt nur zu Grübeleien, wo doch endlich einmal alle Energien in die Überzeugung der Wählerinnen und Wähler mit eindeutigen Ansagen fließen sollten.

Immerhin hat die SPÖ eine politische Grundfrage, wenn zunächst einmal nebulos, zur Diskussion gestellt, während Sebastian Kurz nach wie vor so tut, als bestünde Politik in der Präsentation scheinbar parteiferner AnbeterInnen seiner Person, an deren politischer Unerfahrenheit das Land genesen und deren Neuigkeitswert auf die alte Volkspartei überschwappen soll. Einer, der es wissen muss, ihr ehemaliger Landwirtschaftsminister Fischler, hat Kurz dieser Tage als deren letzte Hoffnung beschrieben. Ob das stimmt oder ob Fischler damit der Selbsteinschätzung des neuen Parteiobmannes auf den Leim gegangen ist, wird sich erweisen, wenn Kurz mit seinem Wahlprogramm herausrückt.

Dann sollte sich zeigen, wie die Liste Kurz definiert, was in einer Gesellschaft wem zusteht, in der die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer wird, in der bereits wieder über einen Zwölfstundentag geredet wird, in der die Bezieher von Mindestpensionen gegen Asylsuchende ausgespielt werden, alleinerziehende Mütter nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen, in der Pensionisten mit tausend Euro im Monat leben müssen etc.

Als letztes Schmuckstück auf seiner Bundesliste hat sich Kurz endlich doch noch jemanden mit politischer Erfahrung geholt. Josef Mosers langen Marsch von Jörg Haider über den Rechnungshof zu Sebastian Kurz mag als Fatum empfinden, wer daran glaubt. Ein ehemaliger Direktor des FPÖ-Parlamentsklubs auf dem dritten Platz der ÖVP-Bundesliste – da hat sich einer geholt, was ihm zustehen muss, will er mit freiheitlicher Hilfe Bundeskanzler werden. Ob Österreich nicht Besseres zusteht als ein Aufguss von Schwarz-Blau – das steht zur Wahl. (Günter Traxler, 17.8.2017)