Berlin/Dublin/Schwechat – Nach dem Insolvenzantrag soll es schnell gehen: Um Flugbetrieb und Jobs zu retten, verhandelt Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann mit drei Interessenten, also neben der Lufthansa mit zwei weiteren Airlines, über den Verkauf von Betriebsteilen. Das sagte er der "FAZ" und der "Berliner Zeitung" Im September will er mit zwei oder mehreren Käufern juristisch belastbare Vereinbarungen getroffen haben.

"Alle Arbeitsplätze werden jedoch auch nach dieser Vereinbarung nicht zu retten sein", machte Winkelmann bei seinen jüngsten Auftritten auf internen Mitarbeiterversammlungen in Berlin unmissverständlich klar.

Erste interne Mitarbeiterinformationen gab es gestern, Mittwoch, auch bei der österreichischen Tochter Niki. Für Freitag Vormittag haben die Niki-Arbeitnehmervertreter eine Betriebsversammlung am Flughafen Wien-Schwechat anberaumt.

Niki zählt zu aktuellen Verkaufsobjekten

Winkelmann stellte klar, dass Niki noch der Air Berlin gehört. Zu den aktuellen Verkaufsobjekten zählt demnach auch die österreichische Tochtergesellschaft Niki, die nur als Ferienfluganbieter aktiv ist. Sie sollte nach den ursprünglichen Plänen in einem neuen Gemeinschaftsunternehmen für Urlaubsflüge aufgehen, an dem sich neben dem Touristikanbieter TUIfly auch der Großaktionär Etihad beteiligen sollte. Doch nach dem Rückzug der Scheichs ist diese Lösung längst Makulatur. "Wir sprechen daher über die Übernahme der Teile von Air Berlin und Niki", unterstrich Winkelmann in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstagausgabe).

Nachdem vor wenigen Monaten die Lufthansa knapp 40 Flugzeuge von Air Berlin übernommen und hauptsächlich in die Tochter Eurowings integriert hat, wäre ein ähnliches Prozedere für die Übernahme der Niki-Jets denkbar.

Seriöse Interessenten

Alle Interessenten, mit denen schon seit Wochen intensiv verhandelt werde, seien "in finanzieller Hinsicht seriös, vom Volumen her ausreichend groß, um Air Berlin eine sichere Zukunft zu bieten", und sie hätten zudem das Interesse, weiterhin vom Standort Deutschland aus zu operieren", betont Winkelmann. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass der Insolvenzantrag weitere Interessenten auf den Plan ruft.

Im wesentlichen geht es um Flottenteile, also die Verwertung der Air-Berlin-Flotte, die ausschließlich aus Flugzeugen besteht, die zusammen mit dem Flugpersonal angemietet wurden. "Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir mit dem Verkauf von Geschäftseinheiten und den damit verbundenen Start- und Landerechten Erlöse in einem Umfang erzielen werden, der über der gewährten Finanzhilfe liegt", sagte Winkelmann.

Favorit ist die Deutsche Lufthansa – zumindest für Teile des Unternehmens. Ziel ist nicht nur, Maschinen und Crews zu übernehmen, sondern sich auch wertvolle Start- und Landerechte (Slots) zu sichern, vor allem an stark frequentierten Airports wie München. Daran sind laut deutschem Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) mindestens zwei weitere Gesellschaften interessiert, darunter TUIly, der Ferienflieger des weltgrößten Reisekonzerns.

Easyjet und Condor mit von der Partie

Auch die Billigflieger Easyjet und Condor (der Ferienflieger von Thomas Cook) sind laut "Berliner Zeitung" bei den Verhandlungen mit von der Partie. Die Briten sollen es auf Slots an Flughäfen abgesehen haben, wo die Lufthansa wegen starker Dominanz keinen Zugriff hat. Dabei soll es sich um Berlin und Düsseldorf handeln. Hinzu kommen Feriendestinationen, die von der Air-Berlin-Tochter Niki bedient werden. Daran soll auch Condor interessiert sein.

Er könne Reisenden "absolut" noch empfehlen, bei Air Berlin zu buchen, sagte Winkelmann der Berliner Zeitung. "Aber wir müssen jetzt schnell sein. Zum Winter muss klar sein, wer die neuen Betreiber unserer Flugzeuge sind."

Start- und Landerechte standen 2016 mit 80 Millionen Euro in der Air-Berlin-Bilanz. Die Slots von Niki waren in der Air-Berlin-Bilanz für 2016 nicht mehr berücksichtigt, in Vorwegnahme des (geplatzten) TUIfly-Deals.

Bei anderen Airlines begehrt dürfte vor allem auch der Flughafen Düsseldorf sein, wo Air Berlin rund ein Drittel der Slots hält. "Er ist besonders wichtig, weil die Slots dort aus Umweltgründen sehr begrenzt sind und weil er ein lukrativeres Geschäft für die Lufthansa bietet", sagte der deutsche Luftfahrtberater John Strickland am Donnerstag zu Reuters. Als Hindernis für den Marktführer könnten sich aber die Kartellvorschriften erweisen. Die Lufthansa wickelt 68 Prozent aller deutschen Inlandsflüge ab, Air Berlin kommt auf 27 Prozent.

Lauda: Niki-Insolvenz ist "eine Frage der Zeit"

Das Schicksal der Österreich-Tochter von Air Berlin ist offen, für Niki wurde kein Insolvenzantrag eingebracht. Airline-Gründer Niki Lauda befürchtet jedoch, dass Niki dem Beispiel der Air Berlin folgen könnte.

"Niki ist noch Teil der Air Berlin. Ich fürchte, damit dauert es nicht mehr lange, bis sie auch Insolvenz anmelden müssen", sagt Lauda im "Kurier". "Eine Frage der Zeit", sagt er auch in den "Salzburger Nachrichten", es sei denn, die Lufthansa schlage mit dem Eurowings-Konzept auch in Österreich zu und übernehme Niki. Aber es werde schwierig.

Lauda spricht von einem Trauerspiel. "Ich hoffe für die Niki-Mitarbeiter, dass schnell eine Lösung mit der Lufthansa kommt, damit sie ihren Job nicht verlieren." Wobei es sicher keine Übernahme werde: "Sie werden noch weitere Flugzeuge und Besatzungen übernehmen und dann die Firma Air Berlin mit 1,3 Milliarden Euro Schulden in Konkurs schicken."

Saison geht zu Ende

Zweifeln in Deutschland, ob der 150-Millionen-Kredit vom Staat zur Überbrückung reicht, hält Lauda entgegen, dass Ende August die Saison zu Ende gehe. Dann werde weniger geflogen. "Es war die richtige Entscheidung, die 80.000 Air-Berlin-Passagiere nicht hängen zu lassen. Die deutsche Regierung wird im Vorfeld wohl auch schon mit der Lufthansa gesprochen haben. Ob der Staat das Geld wiedersieht, bin ich gespannt. Ich glaub' nicht, die Lufthansa wird das nicht übernehmen." (APA, 17.8.2017)