Padua/Wien – Die meisten, wenn nicht sogar alle Galaxien besitzen in ihrem Zentrum ein supermassereiches Schwarzes Loch. Doch nur wenige dieser Schwerkraftgiganten sind auch aktiv und setzen durch die Akkretion von Materie Energie frei. Nun haben Astronomen mithilfe des Muse-Instruments am Very Large Telescope in Chile an sogenannten Quallengalaxien eine überraschende Beobachtung gemacht: In sechs von sieben untersuchten Galaxien, die den Spitznamen ihren tentakelartigen Gasschweifen verdanken, fand sich ein aktiver Galaxienkern. Warum dieser Anteil so ungewöhnlich hoch ist, war zunächst unklar.

Die "Quallengalaxie" JO204 wurde am VLT in Chile erspäht.
Foto: ESO/GASP collaboration

Tentakel-Spektakel

Wie die Forscher um Bianca Poggianti vom Osservatorio Astronomico di Padova nun in "Nature" berichten, dürfte derselbe Mechanismus (Ram Pressure Stripping) dafür verantwortlich sein, der auch die Materietentakel verursacht. Diese entstehen in Galaxienhaufen: Durch die gegenseitige gravitative Anziehung rasen Galaxien mit großer Geschwindigkeit in den Haufen, wo sie auf heißes, dichtes Gas treffen.

Durch diesen Prozess entstehen die auffälligen Materieschweife, in denen rege Sternentstehung stattfindet. Dabei dürfte auch Gas in die zentralen Regionen der Galaxien gelangen, wo es sogleich von Schwarzen Löchern verschlungen wird.

Erklärvideo der Europäischen Südsternwarte (Eso).
European Southern Observatory (ESO)

"Diese Beobachtungen deuten auf einen bisher unbekannten Mechanismus hin, der Gas wie durch einen Trichter in Richtung des Schwarzen Lochs strömen lässt", sagte Koautorin Yara Jaffé von der europäischen Südsternwarte. "Dieses Ergebnis ist von großer Bedeutung, da es ein neues Puzzleteil in der bisher nur teilweise verstandenen Verbindung zwischen supermassereichen Schwarzen Löchern und ihrer Muttergalaxie darstellt." (red, 17.8.2017)