Die erloschenen Vulkane Mount Waesche (im Bild links) und Mount Sidley ragen im Marie-Byrd-Land aus dem Eis. Unter den weißen Massen gibt es noch weit mehr Vulkane als bisher gedacht.

Foto: Nasa Earth Observatory

Edinburgh/Wien – Schottische Wissenschafter haben eines der größten Vulkangebiete der Erde entdeckt: Es liegt verborgen unter den Eismassen der Westantarktis. Mithilfe der neuen Auswertung von Daten aus früheren Studien, Radarmessungen und Satellitenaufnahmen stießen die Geologen auf 138 Vulkane, von denen 91 bislang unbekannt waren. Der höchste der Neuzugänge ragt demnach fast 4000 Meter empor, der kleinste rund 100 Meter. Sie alle liegen unter stellenweise bis zu vier Kilometer dicken Eisschichten.

Nach Angaben der Forscher könnte die Region sogar den ostafrikanischen Grabenbruch in den Schatten stellen, der bisher als dichtestes Vulkangebiet der Erde galt. Würde einer der westantarktischen Vulkane ausbrechen, könnte dies das Eis in der Region weiter destabilisieren, sagte Robert Bingham, einer der Studienautoren, zum britischen Guardian. "Die große Frage ist: Wie aktiv sind diese Vulkane? Das müssen wir jetzt so schnell wie möglich herausfinden." Aktiver Vulkanismus würde zu einem Anstieg des Meeresspiegels führen.

In den letzten 20 Jahren sind sieben Schelfeise an der Antarktischen Halbinsel zerfallen oder zurückgegangen. In der Folge können die Eisströme der Gletscher ungebremst ins Wasser fließen, was wiederum den Meeresspiegel steigen lässt. Erst im Juli löste sich vom Larsen-C-Schelfeis in der Westantarktis ein gigantischer Eisberg mit einer Fläche von 5800 Quadratkilometern.

Gefährliche Schmelze

Das neu entdeckte subglaziale Vulkangebiet erstreckt sich über 3500 Kilometer zwischen dem Ross-Schelfeis und der Antarktischen Halbinsel, die größte Vulkandichte findet sich im Marie-Byrd-Land am Nordrand des westantarktischen Grabensystems. Mit dem Mount Sidley befindet sich in dieser Region auch der höchste erloschene Vulkan Antarktikas, der 1934 bei einem Überflug entdeckt worden war.

Wie aktiv die neu entdeckten Vulkane in der Vergangenheit waren, ist ebenfalls unklar. Die Form der Kegel deutet aber nach Angaben der Geologen darauf hin, dass viele erst im Pleistozän oder noch später entstanden sind und nach wie vor aktiv sein könnten.

Theoretisch wäre es auch möglich, dass die fortschreitende Eisschmelze in der Region und der daraus resultierende nachlassende Druck schlafende Vulkane aktivieren, schreiben die Forscher: "Untersuchungen aus Island zeigen, dass die Dekompression des Erdmantels durch eine dünner werdende Eisdecke zu einer erhöhten Magmaproduktion in der Tiefe führen kann."

Angestoßen wurde die Studie, die in einer Sonderpublikation der Geological Society of London erschienen ist, von Max van Wyk de Vries, einem Studenten der Universität Edinburgh. "In den vorliegenden Daten zur Westantarktis fand ich immer mehr Spuren von Vulkanismus. Also suchte ich weiter – und das hat zur Entdeckung von fast 100 Vulkanen unter dem Eis geführt." (dare, 16.8.2017)