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Donald Trump bei seiner Pressekonferenz am Dienstag.

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Solidaritätsdemonstrationen für die in Charlottesville getötete Heather Heyer, hier in Minnesota.

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Washington – US-Präsident Donald Trump hat seine erste, nicht eindeutige Reaktion auf die Ereignisse bei der Rassistenkundgebung in Charlottesville vehement verteidigt. "Ich wollte sicher sein, dass das, was ich sage, korrekt ist", sagte Trump am Dienstag in New York.

Man sage nicht sofort etwas, wenn man die Fakten nicht genau kennt, sagte Trump. "Anders als viele Reporter", fügte er in der Lobby des Trump-Towers hinzu. Anders als andere Politiker habe er nicht einfach irgendein rasches Statement machen wollen.

Anlass seiner Rede war eigentlich ein Statement bezüglich der Infrastruktur in den USA. Die anwesenden Journalisten aber nutzten die Gelegenheit, um bei Trump in Sachen Charlottesville nachzufragen. Zunächst hielt der Präsident fest, die Medien hätten erneut sehr unfair berichtet, und zwar sowohl über ihn selbst als auch über die tatsächlichen Ereignisse vom Wochenende. Die Medien seien, wiederholte er seine gängige Bezeichnung der Presse, "Fake" und nicht ehrlich.

"Gewalt von vielen Seiten"

Nach den gewalttätigen Zusammenstößen bei der Kundgebung hatte Trump in seiner ersten Reaktion am Samstag von "Gewalt von vielen Seiten" gesprochen. Er vermied es, Rassisten und Neonazis beim Namen zu nennen. Er hatte daraufhin erheblichen Druck und Kritik auch aus den eigenen Reihen einstecken müssen.

Trumps erstes Statement nach den Gewaltausschreitungen in Charlottesville erfolgte erstens spät, und zweitens blieb es lange Zeit nicht eindeutig. Samstagmittag, Stunden nach den ersten Ausschreitungen, verurteilte er das erste Mal die "Gewalt auf vielen Seiten".

Erst am dritten Tag nach den Zwischenfällen hatte sich Trump öffentlich von Rassisten und dem Ku-Klux-Klan distanziert.

Vorwürfe gegen Gegendemonstranten

Trump vermied es am Dienstag erneut, anders als viele Republikaner und auch sein eigener Justizminister Jeff Sessions, die Tat eines Mannes, der mit einem Auto in eine Menschenmenge gefahren war und eine Frau getötet hatte, als Terror zu bezeichnen: "Ist das Mord? Ist das Terrorismus?" Der Fahrer des Wagens sei ein Mörder, sagt er.

Er hielt ausdrücklich fest, es habe auch vonseiten der Linken in Charlottesville Gewalt gegeben. "Haben sie keine Schuld?", fragte Trump rhetorisch. Der US-Präsident war sichtbar verärgert: "Zeigen die so etwas wie Schuldgefühle? Lassen Sie mich Sie das fragen: Was ist mit der Tatsache, dass sie mit Schlagstöcken in der Hand angriffen, dass sie Schlagstöcken schwangen? Haben die ein Problem? Ich finde, das haben sie."

Auf die Frage, ob er die Teilnehmer der Gegendemonstrationen auf dieselbe Ebene mit der Alt-Right-Bewegung, ein Sammelbecken für Ultrarechte und Neonazis, stelle, antwortet Donald Trump in folgendem Wortlaut: "Ich will Ihnen einmal etwas sagen. Ich habe mir die sehr genau angesehen – viel besser, als ihr Leute die angesehen habt. Und es gab – es gab eine Gruppe auf der einen Seite, die schlecht war, und es gab eine Gruppe auf der anderen Seite, die auch sehr gewalttätig war. Und das will keiner sagen, aber ich sage es jetzt. Es gab eine Gruppe – es gab eine Gruppe auf der anderen Seite, die angegriffen hat, ohne eine Genehmigung, und die war sehr, sehr gewalttätig."

Republikanische Rügen

Aus den Reihen der Republikaner, die den Präsidenten bereits zuvor für seine ungenügende Reaktion gerügt hatten, meldeten sich einige zu Wort. "Wir müssen klar sein: Die White-Supremacist-Bewegung ist abstoßend", twitterte der Sprecher des Repräsentantenhauses, der Republikaner Paul Ryan. Diese Bigotterie sei gegen alles, wofür dieses Land steht. "Es darf keine Doppelmoral geben."

Marco Rubio, Senator für Florida richtete Trump via Twitter aus: "Herr Präsident, Sie können den White Supremacists nicht erlauben, nur einen Teil der Schuld auf sich zu nehmen", schrieb er auf Twitter. Senator Todd Young aus Indiana reagierte: "Es ist ganz einfach: Wir müssen die White-Supremacist-Bewegung verurteilen und ausgrenzen, statt sie zu ermutigen und größer zu machen."

Senator Tim Scott schrieb: "Wir sind Amerikaner, die für den amerikanischen Traum arbeiten. Und nirgends in diesem Traum ist Platz für Rassismus." Charlie Dent, der den Bundesstaat Pennsylvania im Repräsentantenhaus vertritt, schrieb, der Präsident müsse "mit der moralischen Gleichmachung aufhören. White Supremacists sind für die Gewalt in Charlottesville verantwortlich."

"Ich hatte mich schon am Wochenende deutlich über die Gewalt geäußert, und ich wiederhole mich: Wir müssen die White Supremacists und jede Form von Hass besiegen", twitterte Steve Scalise, Abgeordneter aus Louisiana.

Bannons Zukunft ungewiss

Trump verteidigte auch seinen umstrittenen Chefstrategen Steve Bannon. "Er ist ein guter Mann, kein Rassist", sagte Trump am Dienstag und bezeichnete den ehemaligen Chef des rechtsextremen Portals "Breitbart News" als Freund. "Wir werden sehen, was mit Herrn Bannon geschieht", sagte Trump weiter und ließ die Zukunft Bannons im Weißen Haus damit im Unklaren.

US-Medien hatten zuvor berichtet, Bannon stehe möglicherweise kurz vor der Entlassung. Der Sender CBS berichtete am Montag unter Berufung auf eine nicht näher genannte Quelle, Bannon könnte schon am Ende der Woche seinen Job los sein. Laut einem Bericht der "New York Times" soll Medienmogul Rupert Murdoch bereits vor der Gewalt in Charlottesville Trump aufgefordert haben, seinen Chefstrategen zu feuern. Der US-Präsident habe sich demnach nur halbherzig Murdochs Rat widersetzt. Gleichzeitig habe er sich enttäuscht über Bannon geäußert.

Die für das Weiße Haus zuständige Korrespondentin der "New York Times" erklärte allerdings am Dienstagnachmittag, mit einer "unmittelbaren Entlassung" sei derzeit nicht zu rechnen. Unter Berufung auf das Umfeld des Präsidenten ergänzte sie, der neue Stabschef John Kelly und Bannon hätten in den vergangenen Tagen über die Position des Chefstrategen diskutiert. Bannon gilt als einer der Köpfe hinter den Machtkämpfen im Weißen Haus.

Basketball-Superstar James kritisiert Trump

Basketball-Superstar LeBron James hat US-Präsident Donald Trump nach den rassistischen Ausschreitungen in Charlottesville kritisiert. "Hass hat es immer in Amerika gegeben. Ja, wir wissen das, aber Donald Trump hat ihn wieder salonfähig gemacht", schrieb der 32-Jährige von den Cleveland Cavaliers im Kurznachrichtendienst Twitter.

Am Dienstagabend (Ortszeit) sprach der dreifache NBA-Champion bei einer Veranstaltung in Sandusky im US-Bundesstaat Ohio noch einmal über die Vorfälle am Wochenende in Charlottesville. "Der einzige Weg für uns, eine bessere Gesellschaft und bessere Menschen zu werden, ist Liebe", sagte James in seiner Ansprache, bei der er seine jüngste Tochter Zhuri auf dem Arm hielt.

Es gehe nicht "um den Typen, der der sogenannte Präsident der Vereinigten Staaten ist oder was auch immer", betonte der zweifache Olympiasieger. "Es geht nicht um den Lehrer, von dem du glaubst, es ist ihm egal, wie es dir jeden Tag geht. Es geht nicht um die Leute, bei denen du das Gefühl hast, dass sie sich wirklich um dich bemühen und für dich anstrengen." Es gehe nur darum, "dass wir uns alle selbst in den Spiegel sehen und sagen: 'Was können wir besser machen, um Dinge zu verändern?' Und wenn wir das alle tun können und 110 Prozent geben: Dann ist das alles, was man sich wünschen kann."

Ein Schloss für Trump

US-Talkmaster Jimmy Kimmel würde dem Präsidenten am liebsten jegliche politische Macht entziehen – und er weiß auch wie: "Wir machen Donald Trump zum König statt zum Präsidenten", sagte der Comedian am Dienstagabend in seiner Show. "Ich denke, das könnte alle unsere Probleme lösen."

"England hat eine Königin. Jeder macht eine große Sache draus, wenn sie irgendwo erscheint, aber sie hat keinerlei Macht", sagte Kimmel. "Morgens setzt man ihr eine Krone auf den Kopf, und dann steht sie da und winkt, und abends legt sie sich zurück in ihr Bett." Die Queen könne tun und lassen, was sie wolle, ohne dass es politische Auswirkungen habe, erklärte der Talkmaster. "Das ist es, was wir mit Donald Trump tun müssen: Wir bringen ihn zu einem Schloss, vielleicht in Florida, führen ihn ganz nach oben und verschließen dann die Tür." Vizepräsident Mike Pence sei ohnehin viel geeigneter für das Amt des Staatsoberhaupts, weil er "einigermaßen zurechnungsfähig" sei.

Ku-Klux-Klan erfreut

Trump erntete für seine jüngsten Bemerkungen umgehend Kritik auch aus den Reihen der Republikaner. Auch Uno-Generalsekretär António Guterres hat nach den Gewaltexzessen in Virginia Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verurteilt. "Wir müssen dem entgegentreten. Immer. Überall", erklärte Guterres am Dienstag per Twitter. "Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit vergiften unsere Gesellschaften."

Dagegen bedankte sich der frühere Anführer des Ku-Klux-Klan, David Duke, per Twitter bei Donald Trump dafür, dass er "den Mut habe, die Wahrheit über Charlottesville" zu sagen und "linke Terroristen" zu verurteilen.

Aus Protest gegen Trumps zögerliche Reaktion hat sich nach mehreren Firmenchefs auch der Chef der wichtigsten US-Gewerkschaft aus einem der Beratergremien des Präsidenten zurückgezogen. "Wir können nicht dem Beirat eines Präsidenten angehören, der Intoleranz und heimischen Terrorismus toleriert", erklärte Richard Trumka von der Gewerkschaft AFL-CIO am Dienstag. Zuvor hatte Trump seine umstrittene erste Reaktion auf die rechtsextreme Gewalt verteidigt.

Like-Rekord

Ein Twitter-Eintrag Barack Obamas nach den gewaltsamen Ausschreitungen in der US-amerikanischen Stadt Charlottesville hat innerhalb kürzester Zeit alle Like-Rekorde gebrochen. Das teilte Twitter am Mittwoch mit. Der ehemalige US-Präsident hatte ein berühmt gewordenes Zitat des früheren südafrikanischen Präsidenten und Anti-Apartheid-Kämpfers Nelson Mandela wiedergegeben.

"Niemand hasst von Geburt an jemanden aufgrund dessen Hautfarbe, dessen Herkunft oder dessen Religion." Der Eintrag wurde bis zum Mittwochmorgen mehr als drei Millionen Mal "geliked". (APA, dpa, red, 15.8.2017)