Gebetsmühlenartig hat es Brüssel in den vergangenen Monaten wiederholt. Ehe Chefunterhändler Michel Barnier mit seinem britischen Pendant David Davis über die Zukunft der britisch-europäischen Partnerschaft sprechen könne, müssten drei bestehende Brexit-Probleme vom Tisch: der rechtliche Status von mehr als drei Millionen EU-Bürgern in Großbritannien, Londons Zahlungen in die Brüsseler Kasse – beides ungelöst; bezüglich des dritten Punkts, der Landgrenze von Nordirland zu Irland, haben die Briten noch nicht einmal Vorschläge auf den Tisch gelegt.

Statt bei diesen wichtigen Themen seine Hausaufgaben zu machen, wedelt Davis mit einem Papier über die zukünftige Handelspolitik. Damit will die sechstgrößte Industrienation wohl signalisieren, dass man sich vom größten Binnenmarkt der Welt nicht herumschubsen lassen wolle. Das brachte Davis Anerkennung bei seinen EU-feindlichen Freunden, in Brüssel dürfte er auf Ablehnung stoßen.

Interessant ist das Papier trotzdem, signalisiert es doch erstmals ein Einlenken der Brexit-Fundamentalisten. Diese wollten bisher von Übergangsfristen nichts hören. Unter dem Druck der Industrie bittet London darum, ein paar Jahre der Zollunion angehören zu dürfen.

Das ist im beiderseitigen Interesse, dürfte also machbar sein. Dass die Briten zugleich neue Freihandelsverträge mit Drittländern vereinbaren wollen, fällt hingegen in die Rubrik der Unverschämtheiten. Die sollte London sich schleunigst abgewöhnen. (Sebastian Borger, 16.8.2017)