In die öffentliche Kommentierung der Affäre Silberstein mischt sich zunehmend eine Prise Schadenfreude. Gemeint ist damit nicht jene der politischen Konkurrenz. ÖVP und FPÖ walzen das PR-Desaster der SPÖ rund um deren geheimnisumwitterten Exberater nach allen Regeln weidlich aus – wer könnte es ihnen verdenken, das ist nicht weiter überraschend. Interessant ist eher jener besorgt wirkende, ein wenig scheinheilige vorzeitige Abgesang auf die SPÖ in den sozialen Netzwerken. Man hätte eben mehr auf Inhalte, weniger auf Marketing setzen sollen, ist zu lesen.

Bei früheren Wahlkämpfen wurde das übrigens oft den Grünen vorgeworfen, die mit stimmigen Bildern und süßen Tieren einen Weichzeichnerwahlkampf geführt hatten – und dabei auf 12,4 Prozent gekommen waren. Sicher, man hätte sich vor vier Jahren auch mehr erwartet, und es gab viel Kritik am damaligen Wahlkampfleiter. Wie man bei Ingrid Felipe im ORF-Sommergespräch sehen konnte, kommen die Grünen 2017 ganz anders über den Bildschirm: authentisch, offen, sehr bei sich, ganz offensichtlich nicht von externen Beratern zurechtgeschliffen. Dass das eine taugliche Strategie ist, auch nur annähernd in die Nähe des 2013er-Ergebnisses zu kommen, darf bezweifelt werden.

Geschmeidige Kurz-Kampagne

Als Gegenbeispiel dazu kann man die äußerst geschmeidig laufende Kampagne von Sebastian Kurz ansehen: Während, bis auf die Themen Flüchtlinge und Sicherheit, inhaltlich noch viele weiße Flecken dominieren, wirkt Kurz durch das, was er sagt, wie er es sagt – und vor allem, wann er es sagt. Dass er, ganz ohne Beratung von außen, dies in solch traumwandlerischer Sicherheit tut, mag vielleicht sein Fanclub glauben. Die Erfahrung lehrt das Gegenteil,

Es ist auch keine Schande für einen Politiker: Externe Berater an sich sind nicht das Problem. Im Gegenteil: Sie können, richtig eingesetzt, wichtige Inputs und einer Kampagne "Drive" geben. Externe Berater gibt es in allen Bereichen – bis hin zum Profifußball, wo vor einem wichtigen Spiel nichts dem Zufall überlassen wird.

Im Wahlkampf in Zeiten allumfassender medialer Erfassung, wo jedes Zögern, Zaudern, jedes Mundverziehen, Räuspern oder Nasehochziehen digital vermessen, verbreitet und für immer gespeichert wird, wäre es geradezu fahrlässig, nicht auf die Hilfe von Profis zurückzugreifen, zumal es um nichts weniger als um die Position des künftigen Regierungschefs geht.

Die SPÖ und die Spindoktoren

Fatal wird die Sache, wenn man es Beratern überlässt, über Inhalte zu bestimmen. Damit ist die SPÖ schon öfter eingefahren – man denke nur an den glücklosen Exkanzler Viktor Klima und seine "Spindoktoren". Deren Wirken hat ja, unter anderem, 1999 zum Verlust des Kanzleramts für die SPÖ geführt. Dass diese verlorene Wahl dann aber nur dem Versagen von Beratern angelastet wurde, war eine schwache Ausrede: Wenn das "Produkt" nicht stimmt, kann die beste Beratung nichts retten. Dass die SPÖ letztlich Opfer ihres, historisch betrachtet, großen Erfolgs ist und schon lange nicht mehr genau weiß, wofür sie stehen soll, dafür kann kein Berater etwas.

Christian Kern müsse sich wieder auf das besinnen, was ihm beim Einstieg in die Politik wichtig war, heißt es etwa in vielen Tweets. Damals sei er authentisch gewesen, habe nicht gezögert und sich nicht beirren lassen. Stimmt. Damals wusste Kern aber auch noch nicht, was er jetzt weiß: wie stark sich die SPÖ durch innere Widersprüche selbst lähmt. (Petra Stuiber, 15.8.2017)