Bild nicht mehr verfügbar.

Australiens Vize premier Barnaby Joyce versuchte mit seinem Verzicht auf die neuseeländische Staatsbürgerschaft eine drohende Regierungskrise abzuwenden.

Foto: Reuters/Stringer

Er ist ein "Aussie" wie aus dem Bilderbuch. Ein Slang wie Crocodile Dundee, ultrakonservativ, bodenständig: Barnaby Joyce, Vizepremierminister von Australien. Das Problem: Er ist – zumindest vorerst – auch Neuseeländer, wie er am Montag bekanntgab. Und damit darf der 50-Jährige nicht im Bundesparlament sitzen. Das sagt die australische Verfassung.

Doppelstaatsbürgerschaft ist in den vergangenen Wochen gleich für mehrere australische Abgeordnete zu einer Art politischer Geschlechtskrankheit geworden. Im Geheimen fürchtet man, dass man sie haben könnte, scheut sich aber vor der Diagnose.

Versehentlich Italiener

Das Drama begann im Juli mit zwei grünen Senatoren. Larissa Waters wusste nicht, dass sie seit Geburt auch Kanadierin ist. Scott Ludlam stellte mit Schrecken fest, dass er auch die neuseeländische Staatsbürgerschaft hat. Beide traten sofort zurück. Ein paar Tage später ein weiterer Schock: Rohstoffminister Matt Canavan ist auch Italiener. Er gab seiner italienischstämmigen Mama die Schuld. Sie habe ihn beim italienischen Konsulat ohne sein Wissen angemeldet. "Ich spreche nicht Italienisch, ich war noch nie in Italien", so Canavan.

Wie sein konservativer Parteikollege zog auch Joyce zunächst nicht die Konsequenzen seines Versagens, sondern stellte sich stur. "Ich wusste nichts davon", insistierte er im Parlament. Um eine Regierungskrise abzuwenden, verzichtete er am Dienstag aber schließlich auf seinen neuseeländischen Pass. Das Oberste Gericht muss aber noch bestätigen, dass sein Mandat rechtmäßig ist.

Erklärung vor Amtsantritt

Verfassungsrechtler sind sich einig: So archaisch das Gesetz ist, so verbindlich ist es. Jeder Kandidat für ein Abgeordnetenamt auf Bundesebene unterzeichnet vor Amtsbeginn eine Erklärung, wonach er ausschließlich die australische Staatsbürgerschaft besitze.

Die Zukunft mehrerer anderer Parlamentarier steht noch auf der Kippe. Haben diese alle Zweifel ausgeräumt, dürfte die Debatte dar über beginnen, welchen Sinn eine solche Regel in der heutigen Zeit noch habe – in einem der multikulturellsten Länder der Welt.

28 Prozent der 24 Millionen Australierinnen und Australier sind in einem Drittland geboren. Millionen weitere stammen von im Ausland geborenen Eltern ab. Trotzdem gehen Beobachter davon aus, dass es beim Gesetz bleiben wird. Nicht nur fordern viele Kommentatoren von Politikern, sie dürften nur ihrem Heimatland gegenüber loyal sein. Versuche, in Australien die Verfassung zu ändern, sind in den vergangenen 200 Jahren fast immer gescheitert. Man traut den Politikern nicht.

Premierminister Malcolm Turnbull kann nur hoffen, dass der Gerichtsentscheid zugunsten seines Stellvertreters ausfällt. Denn sonst könnte der Konservative seine hauchdünne Mehrheit im Parlament verlieren. (Urs Wälterlin aus Canberra, 15.8.2017)