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Bild: The Long Dark
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Es ist sehr wahrscheinlich, dass Spielefreunden der Name "The Long Dark" (Windows, Mac, Linux, PS4, Xbox One, ab 31,99 Euro) bekannt vorkommt: Schon 2013 hat das aus ehemaligen AAA-Entwicklern bestehende kanadische Indie-Studio Hinterland Games als einer der ersten Entwickler überhaupt auf Kickstarter erfolgreich um Geld gefragt. Seit 2014 ist das Spiel im Early Access verfügbar, allerdings "nur" als Sandbox-Spiel, in dem man als einsamer Überlebender in der menschenleeren Eiswüste Kanadas ums Überleben kämpft.

Nun ist – endlich – der erste Teil des lang erwarteten Story-Modus mit dem Namen "Wintermute" erschienen, der das inzwischen fein ausbalancierte Sandbox-Gameplay mit einer spannenden Storyline und konkreten Aufgaben erfüllt.

Hinterland Studio Inc.

Komplexe Survival-Simulation

"Wintermute" ist ein riesiger Schritt zur Einlösung des vor über vier Jahren von Hinterland Games gegebenen Versprechens – auch wenn schon die riesige Sandbox-Simulation zuvor für faszinierende – und stets ganz persönliche, ungeskriptete – Erlebnisse im eiskalten Norden gesorgt hat.

Als Überlebender eines Flugzeugabsturz irgendwo über der tief verschneiten kanadischen WIldnis sind Spielerinnen und Spieler in den ersten beiden jetzt im Basisspiel verfügbaren Episoden ganz auf sich allein gestellt. Und das Überleben ist hart: Wer nicht erfrieren, verhungern oder an Verletzungen und Krankheiten sterben will, muss konstant auf der Suche nach Holz, Essen und Unterschlupf sein.

Der Detailgrad der Überlebenssimulation ist dabei beachtlich: Um Trinkwasser zu haben, müssen zuerst Holz, Zündhölzer und eventuell Brandbeschleuniger für ein Lagerfeuer vorhanden sein, über dem man dann Schnee schmelzen und abkochen kann; unterschiedliche Holzarten brennen unterschiedlich lang, Lebensmittel, besonders rohes Fleisch, haben eine begrenzte Haltbarkeit und auch die Kleidung, die in mehreren Schichten getragen werden kann, muss mit geeigneten Materialien repariert oder verbessert werden. Wer auch kleine Verletzungen nicht angemessen behandelt, ist dem Tod geweiht. Neben selten auffindbaren Antibiotika oder Medikamenten lassen sich einige Pflanzen zu Naturheilmitteln verarbeiten.

Der Story-Modus als sanfter Einstieg

All diese und noch mehr der Sandbox-Spielerinnen und Spielern bereits bekannten Mechaniken werden im ersten Kapitel des Story-Modus häppchenweise erklärt. Die ersten Tage, direkt an der Absturzstelle der Propellermaschine, sind nur dem langsamen Kräftesammeln gewidmet und führen Stück für Stück ins harte Überleben in "The Long Dark" ein. Erst im weiteren Story-Verlauf öffnet sich das Spiel zu jener lakonischen Überlebenssimulation in einer offenen Welt, die schon bislang für Begeisterung gesorgt hat.

Die Suche nach einem – im besten Fall beheizbaren – Unterschlupf ist dabei ganz zentral. Welche mysteriöse Katastrophe für die Entvölkerung des ganzen Landstrichs und die Aggressivität der Tierwelt gesorgt hat, wird auch in der bislang spielbaren Story nicht vollends geklärt, doch das persönliche Überleben überschattet ohnedies alle Fragen nach den Gründen für die anscheinend stattfindende stille Apokalypse.

Allein unter Wölfen

Auch die bisherigen Spielerinnen und Spielern bekannten Angstgegner machen die Aufgabe, zu überleben, schwer: Wölfe, ob einzeln oder im Rudel, zählen zu den großen Gefahren in den sonst so stillen Wäldern und Bergen. Weil die nur selten auffindbaren Schusswaffen und Munition rar oder zur Jagd auf Hirsche und anderes Wild essentiell sind, bleiben zur Verteidigung oft nur Fackeln oder Steine, die die grimmigen Räuber aber nur temporär verscheuchen können.

"The Long Dark" gelingt ein Spagat, der bislang selten versucht wurde: Sein Herz ist der – schon jahrelang zugängliche und weiterentwickelte – Sandbox-Modus, in dem sich Spielerinnen und Spieler mit selbst gesteckten Zielen im Überlebenskampf gegen die unbarmherzige Natur beweisen können. Der Fokus dieser Simulation ist aus anderen Sandbox-Spielen bekannt: Mit Sammeln, Erforschen, Craften und immer besserem Ausrüsten der eigenen Spielfigur lassen sich schon längst Dutzende bis hunderte Stunden in "The Long Dark" verbringen. Der nun freigeschaltete Story-Modus hat die Aufgabe, dieser offenen Spielerfahrung ein narratives Korsett anzulegen, das zwar motivieren und ein Ziel geben soll, aber andererseits den Kern und Charakter des Spielerlebnisses nicht durch Linearität verwässern soll.

Fazit

Das Experiment ist gelungen – zumindest in den zwei bislang zugänglichen Episoden, die zusammen für knapp 15 Stunden in Atem halten. Statt allerdings, wie aus anderen erzählerischen Spielen bekannt, geskriptete Missionen oder lineare Aufgaben zu stellen, entfaltet sich die Geschichte immer noch in den vielen großen und kleinen Entscheidungen, die Spielerinnen und Spieler im Lauf der von der Story gestellten Aufgaben treffen können. Auch deshalb stehen Geduld und Vorsicht als Haupttugenden auch im Verlauf der Handlung an oberster Stelle, denn "The Long Dark" bleibt zuallererst eine Simulation, die auch mit Grausamkeiten nicht geizt und Einarbeitung erfordert.

Was "The Long Dark" schon längst besser als die meisten Spiele schafft, wird durch den einführenden Story-Modus nun auch für bislang Skeptische leichter erfahrbar: Wie kaum ein anderes vermittelt es ein faszinierendes, stets neue Abenteuer generierendes virtuelles Naturerlebnis, das durch seine zwar simple, aber im Spiel durch Wetter- und Atmosphäreeffekte unglaublich beeindruckende Präsentation in ein einsames Abenteuer entführt. Spätestens mit der Einlösung des Versprechens, zusätzlich zur immer noch unübertroffenen Sandbox ein narratives Gerüst zu bieten, ist "The Long Dark" ein essentielles Spiel geworden. Fertig ist es übrigens immer noch nicht: Drei weitere Episoden sind in Vorbereitung. "The Long Dark" ist jetzt schon sowohl ein großes wie auch ein großartiges Spiel – und es wächst noch weiter. (Rainer Sigl, 12.8.2017)

"The Long Dark" ist für PC, PS4 und Xbox One erschienen. UVP: 31,99 Euro.