Familie Muhammad aus Ghazni in Afghanistan: einst Flüchtlinge, jetzt Restaurantbetreiber. Und was für welche!

Foto: Gerhard Wasserbauer

Im Asman werden die Teigtaschen mit zart säuerlicher Creme aus hausgemachtem Joghurt und einer Linsen-Paradeiser-Sauce aufgetragen, ein dicht gefüllter Teller, der einen schon beim Anschauen glücklich macht.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Dass ein großartiges exotisches Essen Vorurteile oder gar echte Probleme mit Migranten ausräumen könne, ist wohl naiv. Was es aber vielleicht kann, ist, einen neuen, unverstellten Blick auf die Neuankömmlinge zu ermöglichen. Der wird nämlich allzu oft nur durch Schreckensmeldungen und ein diffuses Unwohlsein bestimmt.

Besonders deutlich scheint dieses Unwohlsein, wenn es um Flüchtlinge aus Afghanistan geht – aber auch speziell diffus. Ein Besuch im Restaurant Asman auf der Schlachthausgasse kann deshalb erstaunliche Aha-Effekte zeitigen. Vor allem aber ist er eine Erfahrung, die man sich aus egoistischen, auf schieren Genuss und Daseinsfreude abzielenden Beweggründen nicht versagen sollte: Viel bessere Ethno-Küche wird man in Wien nur schwer finden.

Das ist dem Einsatz von Familie Muhammad zu verdanken, die zwar eigentlich Ohadi heißt, seit ihrer Ankunft in Wien aber wegen einer geradezu klassischen amtlichen Verwechslung den Vornamen des Vaters trägt. Es sind sechs Geschwister plus Vater und Mutter, die vor gut vier Jahren via Pakistan in Wien gelandet sind. Seit Tochter Soraya Anfang des Jahres die Gastgewerbe-Befähigung in der Tasche hatte, war klar, dass die Familie ein Restaurant machen würde.

Köstliche Teigtaschen

"Wir sind Österreich vier Jahre lang auf der Tasche gelegen", sagt Vater Muhammad, "dafür sind wir unendlich dankbar, das wollen wir zurückgeben." Eine frühere Pizzeria war günstig zu haben, in Aspern gibt es außerdem einen winzigen (kaum acht Quadratmeter großen) Garten, auf dem sie Kräuter von daheim ziehen, die die Speisen des Asman mit würziger Kraft unterfüttern.

Den Service schupft Soraya mit dem jüngsten Bruder Jadlullah, in der Küche sind Mutter Safiya, Tochter Aliya und Sohn Fazlullah zugange. Es gibt kunstvoll gefaltete, hauchdünne Teigtaschen, die mit gehacktem Rind und Fisolen gefüllt sind und die – wie in Asien von Korea bis in die Türkei üblich – Mantu heißen. Im Asman werden sie (siehe Bild) mit zart säuerlicher Creme aus hausgemachtem Joghurt und einer Linsen-Paradeiser-Sauce aufgetragen, ein dicht gefüllter Teller, der einen schon beim Anschauen glücklich macht. Der Geschmack ist dann aus einer anderen Welt: so zart und wunderbar ausgewogen, wie sich die Wucht der Gewürze an die molligen Linsen schmiegt, so herzhaft und doch fein, wie die Fülle abgeschmeckt ist, die in einen elastischen Hauch von einem Pastateig gehüllt ist.

Knusperfladen, Taschen und Bällchen

Bolani ist ein hauchdünner, knusprig gebratener und mit Lauch gefüllter Fladen, gerade so fett, dass er Spaß macht und in kaum drei Bissen verschlungen ist – mit Sicherheit das Beste, was sich um 1,50 Euro in der Stadt ordern lässt. Sambosa, um 2,50 Euro auch wohlfeil, sind knusprige Teigtaschen mit einer Fülle aus Lamm und Paprika, ausgesprochen wunderbar.

Luftig-lockere Fleischbällchen, abermals in dieser göttlichen Linsen-Paradeiser-Sauce, nennen sich Küftehplau, will man auch haben. Baghaliplau ist dagegen konsistenter: in Kurkuma löffelweich geschmorte Lammstelze mit Safran-Dillspitzen-Reis und dicken Bohnen, schmeckt genauso köstlich, wie es klingt. Wer mehr auf Gegrilltes steht, wird mit Kababkubideh – Faschiertem am Spieß – glücklich, Bamijaplau, ein sanfter Curry mit Okraschoten, macht nicht nur Vegetarier froh. Dazu trinkt man Dugh, eine Art Ayran aus eigener Produktion, oder Gösser, das von Soraya schulmäßig gezapft wird. "Wir trinken selbst zwar keinen Alkohol", sagt sie, "aber das heißt ja nicht, dass unsere Gäste darauf verzichten sollen." (Severin Corti, RONDO, 11.8.2017)

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