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Seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten haben die Debatten über Steuerpolitik an Schärfe gewonnen. Trump will Unternehmenssteuern senken. Demonstranten wie hier in Washington fordern von ihm, dass er seine Steuererklärungen offenlegt.

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Wien/Washington – Wer in den USA ein Microsoft-Programm erwirbt, setzte eine Maschinerie in Gang, bei dem die Dollars hin und her verschoben werden.

Der US-Technologiekonzern hat seinen Hauptsitz in der Stadt Redmond, im US-Bundesstaat Washington. Die Rechte an seinen Softwareprogrammen in Nord-und Südamerika hat Microsoft an ein Tochterunternehmen in Puerto Rico verkauft. Die Gesellschaft in Puerto Rico verkauft an die Muttergesellschaft in Redmond eine Lizenz retour, damit diese in den USA Windows-Produkte an Kunden veräußern darf. Dafür schneidet die Gesellschaft in Puerto Rico jedes Mal mit, wenn jemand in den USA Windows kauft.

Den Faden verloren? Kein Wunder. Die Materie ist derart komplex, dass der US-Senat Microsofts Strategien zur Steueroptimierung einen eigenen Untersuchungsbericht gewidmet hat. Ergebnis: Puerto Rico ist neben Singapur und Irland eines von drei Niedrigsteuerterritorien, die das Unternehmen für seine globale Abgabenoptimierung nutzt. Ein Prozent ist der Steuersatz für Microsoft-Profite in Puerto Rico. Die Vorgänge sind legal.

Hitzige Diskussionen

Der Bericht des Senats ist ein paar Jahre alt. Doch die Praktiken von Microsoft und vielen anderen US-Unternehmen sorgen derzeit in Washington für hitzige Diskussionen. Diese sind auch aus europäischer Sicht interessant, geht es doch um die Frage, wo und wie viel multinational tätige Konzerne an Steuern zahlen.

Nach der geplatzten Gesundheitsreform haben sich die Republikaner im Kongress und Präsident Donald Trump vorgenommen, wenigstens die versprochene Steuerreform auf Schiene zu bringen. Der Unternehmenssteuersatz soll sinken. Um das zu finanzieren, will ein Teil der Republikaner die Art ändern, wie mit den Gewinnen von Unternehmen im Ausland umgegangen wird. Das US-Steuerrecht hat derzeit einen extraterritorialen Ansatz; Gewinne von amerikanischen Konzernen sind in den USA zu versteuern, bis ein Steuersatz von 35 Prozent erreicht ist. Im Ausland gezahlte Körperschaftsteuern werden dabei angerechnet. Die Gewinne Microsofts in Puerto Rico müssten also nacherfasst werden.

Abschlagzahlung

Doch gilt diese Regel nur, wenn ein Unternehmen seinen Gewinn tatsächlich "heimholt", also etwa Dividenden an eine Muttergesellschaft auszahlt. Solange ein Konzern seine Finanzmittel im Ausland parkt, fällt keine Steuer in den Vereinigten Staaten an. US-Unternehmen nutzen die Möglichkeit, ihr Geld im Ausland zu belassen massiv.

Das Institute on Taxation an Economic Policy (ITEP), ein Washingtoner Thinktank, geht in einer aktuellen Schätzung davon aus, dass US-Unternehmen 2500 Milliarden Dollar (2120 Milliarden Euro) an Gewinnen im Ausland halten. Ein Teil davon wird reinvestiert, ein Teil davon in Form von Wertpapieren oder Cash gehalten. Die Republikaner beraten, ob sie diese Gewinne mit einer einmaligen Abschlagszahlung von zehn Prozent erfassen sollen.

Abzweigung nach Bermuda

Das Thinktank ITEP hat soeben eine Analyse bezüglich Microsoft vorgestellt. Der Konzern verfügt demnach aktuell über 142 Milliarden Dollar an Gewinnen, die außerhalb der USA angelegt sind. Die Börsenaufsicht schreibt Unternehmen vor auszurechnen, wie viel Steuern sie nachzahlen müssten, wenn sie ihre ausländischen Gewinne heimbringen. Microsoft gibt an, dass die Nachzahlung 45 Milliarden betragen würde. Das ergibt eine Steuerrate von 31,7 Prozent – seine im Ausland gehaltenen Gewinne hat Microsoft demnach mit 3,3 Prozent tatsächlich versteuert.

Laut ITEP nutzt Microsoft neben Irland, Singapur und Puerto Rico auch noch die Bermudas zur Abgabenoptimierung. Interessant sind ähnliche Berechnungen zum Sportartikelhersteller Nike: Laut ITEP parkt Nike 12,2 Milliarden an Gewinnen außerhalb der USA. Die im Ausland bezahlten Körperschaftssteuern belaufen sich im Falle Nikes auf gar nur ein Prozent. Auch Nike verfügt über Bermuda-Töchter.

Gestaltungsspielraum

Bei andere Unternehmen ist das Bild ähnlich. Der STANDARD hat mit dem Steuerberater Gottfried Schellmann einen Blick in den Finanzbericht der Google-Mutter Alphabet geworfen. Google hat 34,8 Milliarden Gewinn gemacht und 3,3 Milliarden Steuern bezahlt. Google schlüsselt nur seine Umsätze nach Regionen auf. Unter der Annahme, dass Profite nach demselben Muster verteilt sind, würde sich ergeben, dass der Konzern rund drei Milliarden Gewinnsteuern in den USA gezahlt hat. Auf den Rest der Welt entfallen 300 bis 350 Millionen Euro. Die EU könnte daran etwas ändern und den US-Unternehmen den Gestaltungsspielraum entziehen, sagt Schellmann. Freilich: Im Gegenzug würden die Amerikaner europäische Unternehmen einschränken. (András Szigetvari, 8.8.2017)