Wien – In den kalten Monaten geborene Fohlen sind kleiner als als die aus dem Sommer und brauchen mehr als zwölf Wochen, bis sie den Rückstand aufgeholt haben. Dass dies mit dem im Winter veränderten Stoffwechsel der Stuten zusammenhängt, konnte ein Expertenteam unter der Leitung von Christine Aurich an der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni) nun erstmals nachweisen und berichtet darüber im Fachjournal "Theriogenology".

Jahreszeitliche Veränderungen beeinflussen den Lebenszyklus vieler Tierarten. Das betrifft Wildtiere, wie das Przewalski-Pferd, aber auch domestizierte Pferde, bei denen die saisonale Anpassung nach wie vor genetisch verankert ist. In den Wintermonaten reduzieren Pferde ihren Stoffwechsel, Wärmeproduktion und die ausgestrahlte Wärme verringern sich. Obwohl dieser Effekt bekannt ist, blieben laut Vetmeduni Auswirkungen auf trächtige Stuten und die Föten bisher unerforscht.

Die Untersuchung

Um diesen Zusammenhang zu untersuchen, wurden am Graf Lehndorff Institut für Pferdewissenschaften, das von der Vetmeduni und dem Brandenburgischen Staatsgestüt gemeinsam geführt wird, 27 Stuten und ihre Fohlen nach Geburtszeitpunkt in drei Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe hatte den Geburtstermin Februar bis Anfang März, die zweite März bis Anfang April und die dritte April bis Anfang Mai. Von allen Fohlen wurden körperliche Parameter wie Gewicht und Größe erfasst.

"Anhand dieser Größenmerkmale zeigte sich eindeutig, dass die im Februar geborenen Jungtiere der ersten Gruppe kleiner waren als die im Frühsommer geborenen", so Studienautorin Elisabeth Beythien. Einen Einfluss der Fütterung könne das Forscherteam ausschließen, da alle Stuten während ihrer Trächtigkeit mit dem gleichen Futter und der gleichen Menge gefüttert worden seien.

Beim Geburtsgewicht konnten die Forscher dagegen keinen Unterschied feststellen, obwohl die Plazenta der wintergebärenden Stuten kleiner sei. "Der kleinere Mutterkuchen deutet die Stoffwechselumstellung an, die Versorgung der Föten scheint aber auch im Winter aufgrund des gleichen Körpergewichts absolut ausreichend zu sein", so Beythien. Auch die Geburtenzahl einer Stute spielte keine Rolle: Der Effekt war auch bei erstgebärenden Tieren vorhanden.

In der Natur selten, in der Pferdezucht im Trend

Die Stoffwechselumstellung der Stuten während des größten Entwicklungsschubs der Föten in den letzten Wochen vor der Geburt habe also zur Folge, dass Winterfohlen kleiner sind. In der Natur treten Wintergeburten selten auf, da die meisten Stuten nur über einen begrenzten Zeitraum im Frühjahr und Sommer paarungsbereit sind und Geburten demnach im Normalfall erst in den wärmeren Monaten auftreten.

Durch moderne Zuchtmethoden werden Wintergeburten aber vor allem bei Renn- und Sportpferden häufiger. Die geringere Körpergröße wird dabei aus wirtschaftlichen Gründen in Kauf genommen. Denn auch wenn die Winterkinder mehr als zwölf Wochen bräuchten, um im Vergleich mit den im Sommer geborenen Fohlen gleichzuziehen, so seien sie ihnen insgesamt Wochen oder Monate in der weiteren Entwicklung voraus, so die Studienleiterin Aurich: "Dieses Zeitfenster kann vor allem bei Wettbewerben eine Rolle spielen, da alle Jungpferde, die im gleichen Jahr geboren wurden, auch in der gleichen Wertungskategorie antreten." (APA, red, 6. 8. 2017)