Ein Boot der libyschen Küstenwache. Italien will Unterstützung schicken, das stößt auf Widerstand.


Foto: AFP / Taha Jawashi

Tripolis/Kairo – Italiens Militärmission in Libyen ist zu einem weiteren Zankapfel im Machtkampf der beiden starken Männer General Khalifa Haftar und Premier Fayez al-Serraj geworden. Am Mittwoch hat ein erstes Schiff der italienischen Marine auf der Basis von Abu Sitta in Tripolis angelegt. Es erreichte die libysche Küste, nur Stunden nachdem das Parlament in Rom grünes Licht für eine militärische Mission gegeben hatte, um dem nordafrikanischen Staat zu helfen, den Strom an illegalen Migranten zu stoppen.

Die Regierung in Rom folgte damit offiziell einer Bitte von Serraj, dem Chef der international anerkannten Regierung. Dieses Ansuchen hatte auch im eigenen Kabinett einen Wortkrieg ausgelöst. Serraj musste versichern, dass die Italiener nur da sind, um die Küstenwache zu trainieren und die kriminellen Organisationen zu bekämpfen, die hinter der Flüchtlingsbewegungen stehen.

Experten auf italienischem Schiff

Die Kontrolle über die Mission sei jederzeit in libyschen Händen, und die libysche Souveränität sei die rote Linie, die nicht überschritten werden dürfe, betonte er. Das erste italienische Schiff ist mit Experten besetzt und soll fünf Tage vor der libyschen Hauptstadt ankern.

Serrajs Gegenspieler im Osten des Landes, General Haftar, akzeptiert diese Mission nicht und hat seine Einheiten in den Marinehäfen in Tobruk, Benghazi, Ras Lanouf und Tripolis nun angewiesen, jedes italienische Schiff anzugreifen, dass ohne seine Bewilligung die libysche Seegrenze passiert. Haftar sieht durch die italienische Militärpräsenz seine mehrfach geäußerte Absicht gefährdet, auch den gesamten Westen des Landes mit der Hauptstadt unter seine militärische Kontrolle zu bringen. Die Marinebasis von Abu Sitta ist auch das Hauptquartier von Serraj, für den das italienische Engagement eine willkommene Rückendeckung ist.

Auch Tobruk lehnt Hilfe ab

Auch das Parlament in Tobruk lehnt Italiens Hilfe als Verletzung der Souveränität ab und warnt davor, die Flüchtlingskrise nach Libyen zu exportieren; das wäre gefährlich für die Sicherheit, die Wirtschaft und das soziale Gefüge. Das Abkommen von Serraj sei ohnehin ungültig, weil seine Regierung nie vom Parlament bestätigt worden sei, erklärte das Repräsentantenhaus.

Italienische Militärhilfe ist ein heikles Thema in Libyen, das bis 1943 mehr als 30 Jahre von Italien beherrscht war. Das zeigt ein Plakat auf dem Hauptplatz in Tripolis mit dem Widerstandshelden Omar al-Mukhtar, der in den 1920er-Jahren gegen die italienische Besetzung gekämpft hatte, und der Warnung "Nein zu einer Rückkehr des Kolonialismus".

Auf vehemente Ablehnung stieß auch der Vorschlag des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der vergangene Woche angekündigt hatte, in Libyen Registrierungszentren für Flüchtlinge errichten zu wollen, in denen dann Asylanträge bearbeitet werden. Zwar hat Frankreich von diesem Plan vorerst wieder Abstand genommen. Sollte er aber wirklich einmal umgesetzt werden, würde das wohl in vielen Fällen eine Ansiedlung in Libyen bedeuten.

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) hat am Donnerstag angekündigt, dass sie in den nächsten Wochen wieder nach Libyen zurückkehren werde, um die humanitäre Hilfe und Rückführungsprogramme vor Ort besser koordinieren zu können. Möglich wird dies durch die verbesserte Sicherheitslage in Tripolis. (Astrid Frefel, 3.8.2017)