Christian Kern will sich holen, was ihm seiner Meinung nach zusteht – die Verlängerung seiner Kanzlerschaft nach dem 15. Oktober. Um dies doch noch erreichen zu können, hat er sich entschlossen, den österreichischen Jeremy Corbyn oder Bernie Sanders zu geben. Zumindest in seiner Rede vor dem SP-Parteirat, mit der er den taumelnden Wahlkampf der SPÖ aufs Gleis bringen will.

Die beiden altsozialistischen Politiker aus Großbritannien und den USA als Vorbilder für den coolen Ex-Manager Kern? Zumindest so, dass Kern die "Großgrundbesitzer", die "steuerprivilegierten Superreichen und Millionenerben" als Hauptfeinde ausmachte. Jene, die profitiert haben, während jene, "die hart arbeiten", nicht bekommen haben, was ihnen zusteht. "Was Ihnen zusteht" ist das Leitmotiv. "Mein Name ist Christian Kern, und ich bin der Bundeskanzler. Ich werde dafür sorgen, dass Sie bekommen, was Ihnen zusteht." Der Applaus dafür war anhaltend, kräftig – und gerade unter der Ovationsschwelle.

Flüchtlinge? Das ist etwas, worüber nur "die anderen" (ÖVP und FPÖ) "den ganzen lieben langen Tag" reden wollen. Kern verspricht hingegen "200.000 neue Arbeitsplätze, keine Steuern bis 1500 Euro", die roten Klassiker. Kern setzt nach längerem strategischem Schwanken darauf, dass die Österreicher das Migrationsthema mehr oder weniger abgehakt haben. Eine riskante Entscheidung, aber eine Entscheidung. (Hans Rauscher, 3.8.2017)