Viertelfinalsieg gegen Spanien: Mari Paz Vilas Dono (li.) und Carina Wenninger. Das Elfmeterschießen sahen im ORF 1,2 Millionen.

Foto: APA/HANS PUNZ

Vor der EM: ORF-Direktorin Kathrin Zechner zwischen Teamkapitänin Viktoria Schnaderbeck (li.) und Isabel Hochstöger sowie Teamchef Dominik Thalhammer.

Foto: ORF/Zach-Kiesling

STANDARD: Sportchef Hans Peter Trost stieß mit der Idee im ORF auf einige Skepsis, Frauenfußball-EM im ORF-1-Hauptabend zu zeigen.

Zechner: Für mich war klar, nachdem Hans-Peter Trost in unserer Strategieklausur die umfassende Übertragung der Frauenfußball-EM vorgeschlagen hatte: Das ist eine "Out-of-the-standard"-Idee mit Risiko und Potenzial. Dann haben wir gemeinsam Überzeugungsarbeit geleistet. Und die fulminanten Damen, übertragen von einem Kleinstteam, verstärkt durch wissende ORF-Fußball-Expertinnen, haben diesen Plan mehr als eingelöst.

STANDARD: Ehrlich: Mit wie vielen Zuschauern haben Sie gerechnet?

Zechner: "Out-of-the-standard"- Ideen leben von der Überzeugung, das Richtige zu tun – mit der Chance auf Erfolg, oder auch nicht. Wenn wir keinen Mut mehr haben, schaffen wir auch keine großen Würfe für unser Publikum.

STANDARD: Wie erklärt die Fachfrau fürs große Kino das Phänomen?

Zechner: Mich erinnert diese Stimmung an die Situation vor dem Song Contest 2014. Viele haben nicht daran geglaubt, dass die Außenseiterin Conchita eine Chance haben wird, in die finale Runde zu kommen. Aber in den Tagen vor den Ausscheidungen hat sich eine Dynamik entwickelt, die nicht mehr aufzuhalten war. Begeisterung beflügelt nicht nur die herausragenden Spielerinnen. Sie schweißt das ganze Land zusammen. Das bezeichnen wir im Fernsehen als "Lagerfeuer" – wie zum Beispiel auch bei Filmen wie Sacher oder Maximilian.

STANDARD: Wie geht es nach der EM weiter mit Frauenfußball im ORF?

STANDARD: Wir wollen die Frauen begleiten als verlässlicher Partner. Und parallel dazu den Weg weitergehen, auch am Schirm mehr Frauen im Sport zu zeigen.

STANDARD: Wann werden Frauen Fußballmatches kommentieren?

Zechner: Genau das meine ich. Wir bilden Journalistinnen wie Alina Zellhofer, Kristina Inhof oder Karoline Zobernig, aktuell bei der Beachvolleball-WM, aus. Und bringen Expertinnen wie Elisabeth Tieber als Profianalytikerin. Ich bin daher zuversichtlich, in Zukunft noch mehr Frauen im ORF Sport in verschiedensten Rollen am Schirm zu zeigen.

STANDARD: ORF 1 liegt unter zehn Prozent Marktanteil. Kommt der Kanal aus dem Tief – und wie? Oder ist ohnehin unter einer neuen Regierung mit Verkauf/Privatisierung von ORF 1 zu rechnen?

Zechner: Die tendenziösen zehn Prozent gibt es beim Publikum ab zwölf Jahren – und das ist die Einheit für ORF 2. Bei Zwölf- bis 49-Jährigen sind wir mit rund 15 Prozent Marktanteil auf Platz vier der europäischen öffentlich-rechtlichen Sender. Eigenproduktionen und Unverwechselbares sind essenzielle Zutaten für ein starkes ORF-1-Programm. Mein Team und ich arbeiten mit Hochdruck daran, bei extrem herausfordernden budgetären Rahmenbedingungen, immer wieder Leuchttürme ins Programm zu bringen – wie im Herbst neue Show- und Comedyformate, Filme, Serien und Reportagen.

STANDARD: Neue Regierungen sind stets auch für den ORF und seine Besetzung entscheidend. Wie wäre es mit Generaldirektorin Zechner?

Zechner: Ich bin Programmdirektorin aus Überzeugung, mit erwiesenem Können und aus Leidenschaft. (Harald Fidler, 3.8.2017)