Ein steigender Anteil der SPÖ-Stimmen kommt von Pensionisten.

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Sozialminister Alois Stöger hat Reformen im Pensionssystem angeregt, darunter Kürzungen bei hohen Sonderpensionen, großzügigere Regelungen bei Mindestpensionen sowie eine Bestandsgarantie für bereits geleistete Beiträge. Eine Erhöhung des Antrittsalters schloss er hingegen aus.

Dass die SPÖ im Wahlkampf auf das Pensionsthema setzt, ist wenig überraschend. Laut Autnes-Vorwahlbefragung 2013 nannten knapp die Hälfte aller Personen, die Pensionen als eines der zwei wichtigsten Themen identifiziert hatten, die SPÖ als die kompetenteste Partei bei dem Thema. Wie hier (Grafik auf S. 493) nachzulesen ist, ist dieser Kompetenzvorteil zumindest seit den späten 1980er-Jahrern ein stabiles Phänomen.

Ein weiterer Grund für den Vorstoß des Sozialministers ist die Tatsache, dass ein steigender Anteil an SPÖ-Stimmen von Pensionisten kommt. Wie die Grafik unten zeigt, wächst dieser Anteil seit den 1990ern sogar schneller als jener der Pensionisten an der Gesamtbevölkerung.

Kamen in den 1970ern nur knapp ein Fünftel der roten Stimmen von Pensionisten, so hat sich dieser Anteil im Lauf der Zeit verdoppelt. Heute steuern Pensionsbezieher in etwa zwei von fünf SPÖ-Stimmen bei.

Diese Entwicklung ist eine logische Konsequenz des Rückgangs von traditionellen Parteibindungen und des damit verbundenen Niedergangs des SPÖ-Stimmenanteils seit Anfang der 1980er. Jüngere Menschen sind weniger politisch gebunden als ältere, und mit jeder neuen Generation nimmt so die dauerhafte Identifikation vor allem mit den beiden (ehemaligen) Großparteien ab. Als Stammwähler bleiben dann jene übrig, die ihre Parteiidentifikation zu früheren Zeiten erworben haben. Dadurch altert die Parteiwählerschaft schneller als die Gesellschaft insgesamt.

Natürlich ist so ein Trend kein Schicksal. Das Beispiel der britischen Labour Party zeigt, dass sozialdemokratische Parteien nicht dazu verdammt sind, zu einer Partei der älteren Generationen zu werden (wobei das britische Wahlsystem hier nachhilft, indem es neue Konkurrenten um junge Stimmen wie etwa die Grünen kleinhält).

Wiewohl es für den anstehenden Wahlkampf also durchaus rational ist, wenn die SPÖ auf das Pensionsthema setzt, ist das im besten Fall ein Element einer Defensivstrategie, mit der man langfristig Verluste minimieren kann. Um jüngere Generationen ansprechen zu können, muss es andere Angebote geben. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 2.8.2017)