Sebastian Kurz erzielt besondere Erfolge bei seinen Auftritten vor selbstständigen Unternehmern, vor allem den kleineren, und er erhält auch beträchtliche Spenden von ihnen. Das hat mit der tiefen Unzufriedenheit unter Selbstständigen mit der Schieflage zwischen einer gewissen privilegierten Klientel der SPÖ im geschützten Sektor und dem Privatsektor zu tun.

Sozialminister Alois Stöger ging jetzt im STANDARD-Interview darauf ein: Die SPÖ wolle die Superpensionen kürzen, die es im öffentlichen und halböffentlichen Bereich gibt. Dabei besteht aber eine Unschärfe – es gibt sogenannte Zusatzpensionen, die ehemalige Mitarbeiter der Sozialversicherungen, der Energieversorger, der Arbeiterkammer und auch der Wirtschaftskammer, die bis zu einem gewissen Zeitpunkt in Pension gegangen sind, zusätzlich zu ihren ASVG-Pensionen beziehen.

Diese Zusatzpensionen belaufen sich im Durchschnitt auf etwa 1200 bis 1500 Euro monatlich, 14-mal im Jahr. Noch einmal: zusätzlich zu den ASVG-Pensionen.

Das ist aber ein Durchschnitt und innerhalb der Bandbreite gibt es für Spitzenfunktionäre auch Zusatzpensionen in schwindelnder Höhe, was unter anderem daran ablesbar ist, dass ein Reparaturgesetz der Regierung eine "Deckelung" bei 9600 Euro (!) für Zusatzpensionen vorsah. Hier meinte Stöger, das könne schon "den einen oder anderen Direktor" bei den Sozialversicherungen erfassen. Das bedeutet im Umkehrschluss: Die "mittleren" Zusatzpensionen von tausenden ehemaligen Mitarbeitern werden nicht angetastet. Was rechtlich auch ziemlich schwer wäre. Was bleibt, ist eine "horizontale" Verteilungsungerechtigkeit, die historisch gewachsen ist, als die Sozialdemokratie und, etwas weniger, die ÖVP für ihre Klientel im Sozialpartnerstaat ein kleines bis größeres Pensionsparadies errichtete.

Geblieben ist aber auch ein massiver Unmut, vor allem unter Besserverdienenden in der Privatwirtschaft und bei (Klein-)Unternehmern, die sich jahrelang von den Beziehern von Sonder- und Luxuspensionen auf der Linken anhören mussten, welche Ausbeuter und Vermögensanhäufer sie wären, die dringend besteuert werden müssten. Der oberösterreichische AK-Präsident Johann Kalliauer ließ sogar ein entsprechendes Video drehen. Ex-AK-Direktor Werner Muhm, einer der wirtschaftspolitisch einflussreichsten Sozialdemokraten, verhinderte immer wieder Steuerentlastungen für Kleinunternehmer, ehe er 2016 in Pension ging. Auf Anfragen, ob er tatsächlich 80 Prozent seines Aktivbezugs von 16.000 Euro (minus einer Überstundenpauschale) als Pension beziehe, verweigerte er damals die Antwort.

Das ist der Stoff, aus dem die triumphalen Auftritte von Kurz vor Selbstständigen sind. Das speist den Unmut von Leuten, die zur Versorgung für sich selbst und ihre Familie auf den Aufbau privaten Vermögens angewiesen sind und denen aber von SPÖ, Grünen, Gewerkschaften, AK und übrigens auch der Liste Pilz mit der Erbschafts- und/oder Vermögenssteuer gedroht wird. Kurz profitiert von diesem enormen Überdruss. (Hans Rauscher, 1.8.2017)