Einzelhandel: Umsatz nach Branchen

Grafik: DER STANDARD

Wien – Die Sparsamkeit weicht der Einkaufslust, Einzelhändler stellen mehr Mitarbeiter ein, und die Strukturbereinigung verlangsamt sich: Die Jahre, in denen Händler bitter die Konsumverdrossenheit der Österreicher beklagten, sollten vorerst einmal vorbei sein.

Stationäre Geschäfte hierzulande erlebten heuer im ersten Halbjahr Umsatzzuwächse von nominell 2,5 Prozent. Auch um die Inflation bereinigt, steht unter dem Strich ein Plus von 1,4 Prozent in den Büchern der Branche, errechnete die KMU Forschung in einer aktuellen Studie. Es ist die beste Entwicklung seit sieben Jahren.

"2016 verspürten wir ein leichtes Lüfterl, heuer einen kräftigen Aufschwung. Der Konjunkturaufschwung hat den Einzelhandel erreicht", ist Peter Buchmüller, der Bundesspartenobmann der Händler der Wirtschaftskammer, überzeugt. Ließen sich die Konsumenten zuletzt allein für längerfristige Anschaffungen, wie etwa für den Erwerb eines Autos erwärmen, geben sie sich nunmehr auch spontaneren Einkaufsgelüsten hin.

Etwa in Supermärkten: Der Lebensmittelhandel baute seine Umsätze seit Jänner um satte 5,6 Prozent aus. In ihm ballt sich ein Drittel des Einzelhandelsvolumens in Österreich. Entsprechend zieht er den gesamten Markt nach oben.

Auch Schuh- und Sportartikelhändler bedienten ausgabenfreudigere Kunden. Andere Branchen wie Buch- und Spielwarenhändler hatten jedoch das Nachsehen.

Dass vor allem höhere Preise die Umsätze treiben, weist Studienleiter Ernst Gittenberger entschieden zurück. Sie seien mit 1,1 Prozent weniger stark gestiegen als die Inflation, der Handel wirke daher immer noch preisdämpfend. Seine Renditen übersteigen in der Regel auch selten die 2,5 Prozent.

Weniger Einzelkämpfer

Nichts geändert hat sich an der sinkenden Zahl an kleinen Einzelkämpfern. An ihrer statt dehnen Ketten ihr Netz an Filialen aus. Sie besetzen bereits 67 Prozent der gesamten Handelsflächen. Noch nie war die Konzentration höher. Ein Beispiel: In den 70er-Jahren tummelten sich noch rund 26.500 Lebensmittelgeschäfte landauf landab. 5.300 sind es heute. In Summe nahm die Zahl der stationären Geschäfte trotz der Expansion großer Ketten dennoch ab: 700 sperrten im Vorjahr zu; das entspricht einem Prozent der Verkaufsfläche.

Iris Thalbauer, Geschäftsführerin der Sparte Handel, sieht darin eine natürliche Entwicklung, die keinen Anlass für Besorgnis gebe. Denn Österreich liegt mit seiner Geschäftsdichte in Europa unverändert an der Spitze: Jedem Einwohner stehen im Schnitt gut 1,56 Quadratmeter Verkaufsfläche zur Verfügung. Zum Vergleich: EU-weit sind es 1,16 Quadratmeter.

Was den Handel als Arbeitgeber betrifft, so schuf er heuer 2.800 zusätzliche Stellen. Die Hälfte davon sind Teilzeitjobs, 600 entfallen auf geringfügige Beschäftigungen. 75 Prozent der Mitarbeiter sind Frauen, und diese legen Wert auf Teilzeit, sagt Buchmüller. Auch wenn sie Vollzeit arbeiten wollten, haben sie darauf kaum Chancen, meinen hingegen Gewerkschafter.

Stephan Mayer-Heinisch, Präsident des Handelsverbands, diagnostiziert unter Händlern weniger Zuversicht als die Kammer. "Man muss die Kirche im Dorf lassen." Es gebe große Verschiebungen hin zu Onlinehändlern, Kunden seien vorsichtiger und volatiler. (vk, 27.7.2017)