In Zeiten, in denen Slim-fit auch schon als Argument in einem Wahlkampf herhalten muss, überrascht es nicht, dass der begleitende Bewegungsdrang allmählich leicht groteske Formen annimmt. Dabei ist nichts daran besonders neu. Jörg Haider ging mit gelegentlich entblößtem Oberkörper schon vor Jahren slim-fit weiter als die heutigen Träger sparsam geschnittener Anzüge, gegen die bekleidungs- und frisurentechnische Eleganz eines Karl-Heinz Grasser stinken sie ohnehin ab. Und was ist das gegenwärtige Bewegungsgewurl gegen ein Bündnis Zukunft Österreich oder Frank Stronachs bewegendes Bündnis mit den Österreichern?

Als letzter Bewegungsmelder hat nun Peter Pilz die Arena betreten. In der Donnerstag-Ausgabe dieses Blattes hat er sich von seiner ihm verständnislos gegenüberstehenden Partei verabschiedet und dafür neben politischen Gründen auch ein aufschlussreiches Psychogramm des modischen Politikertyps geliefert. Der leidet an den demokratischen Verkrustungen der innerparteilichen Willensbildung und will sie entweder – wie Sebastian Kurz – erpresserisch nach der Maxime "Ich oder der Untergang" aufbrechen oder sich ihnen in einem günstigen Moment durch Absprung entziehen. Und welcher Moment wäre günstiger als der vor Wahlen?

Die Lösung von den Grünen reiche schon lange zurück, schreibt er. Aber Faktum bleibt: Vollzogen hat er sie erst, als er nach einem Wahlsystem, das er jahrzehntelang akzeptierte, nicht auf dem von ihm gewünschten Listenplatz nominiert, sondern zurückgereiht wurde. Die Basis hat sich seinem Anspruch nicht gebeugt, was ziemlich unklug, weil möglicherweise ruinös gewesen sein könnte, aber sie hat ihm damit "ein Gefühl der Befreiung" verschafft, in dessen Genuss er auf seinem vierten Listenplatz nie gekommen wäre. Er habe "eine demokratische Wahl verloren und das respektiert", schreibt er. Respektiert? Es ist nicht ehrenrührig, seine Partei zu verlassen, um alles nur keine Partei zu gründen, aber die Politiker, die uns an jedem Wahlabend versichern, das Wahlergebnis zu respektieren, gründen üblicherweise nicht am Tag danach eine neue. Aber so sind sie eben, die Altpolitiker.

Letztlich räumt Peter Pilz ein, dass seine Überzeugungskraft nicht gereicht hat, die eigene Partei zu überzeugen. In Erkenntnis ihrer – post festum verkündeten – hartnäckigen Uneinsichtigkeit hätte er freilich erst gar nicht kandidieren müssen. Die Möglichkeit, von Mehrheiten gekränkt zu werden, gehört zu den Begleiterscheinungen der Demokratie, sie ist das Risiko jeder Kandidatur, entschädigt aber durch Gewährung der Chance, auf seine alten Tage noch einmal ein verfluchter Kerl zu sein. Ohne Programm, denn "bei uns sind die Personen Programm".

Peter Pilz hat sich genug Verdienste erworben, um ihm – mit ihm als Programm – noch einmal einen Erfolg zu gönnen. Weniger zu trauen ist den aktuellen Tendenzen zu einer Geringschätzung innerparteilicher Demokratie und deren Auflösung in slim-fitte Bewegungen. Umso weniger, als sie sich nach der Wahl rasch wieder als Parteien entpuppen dürften, schon aus finanziellen Gründen. (Günter Traxler, 27.7.2017)