Mitarbeiter des Roten Kreuzes, hier bei einer Protestversammlung Dienstagabend, sind aufgrund drohender Kündigungen alarmiert. Am Mittwoch kündigten FSW-Chef Peter Hacker und der Chef der Wiener Rettung, Rainer Gottwald, tiefgreifende Reformen an.

Foto: APA, Hochmuth

Wien – "Wir ändern das Gesamtsystem", fasst Peter Hacker, Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien (FSW), am Mittwoch bei einer Pressekonferenz geplante Reformen im Wiener Rettungswesen zusammen. Hacker ist von Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) mit der Projektleitung der Reform beauftragt worden. Gemeinsam mit Rainer Gottwald, dem Chef der Wiener Rettung, präsentierte Hacker die Schritte der nächsten Tage und Wochen.

Zuletzt kochte der Unmut innerhalb der Rettungsorganisationen über, als 35 Sanitäter des Wiener Roten Kreuzes zur Kündigung angemeldet wurden. Weil Krankentransporte immer öfter von billigeren Fahrtendiensten übernommen werden, stehen nicht nur das Rote Kreuz, sondern auch andere Organisationen wie der Arbeiter-Samariter-Bund oder die Johanniter unter akutem Spardruck. Zuletzt kündigte die Gewerkschaft Proteste an, als letzte Maßnahme auch Streiks. Hacker äußerte Verständnis dafür.

795 Mitarbeiter, davon 700 im Einsatzdienst

Gottwald erklärte den grundsätzlichen Unterschied zwischen Rettungs- und Krankentransporten. Erstere sollten eigentlich nur bei Unfällen und "in absoluten Notfällen" ausrücken und sind derzeit in acht bis zwölf Minuten bei jedem Einsatzort in Wien, "womit wir im europäischen Spitzenfeld liegen", wie Gottwald anmerkt. Krankentransporte seien etwa Überstellungen von einem Spital zu einem anderen oder Fahrten zu einem Arzt.

Man verfüge täglich über 54 Einsatzfahrzeuge und weitere 46 Fahrzeuge in Reserve. Die Wiener Berufsrettung habe 795 Mitarbeiter, davon 700 im Einsatzdienst. Auf die gut funktionierende Partnerschaft mit befreundeten Rettungsorganisationen könne man nicht verzichten, so Gottwald.

Personell sei man bei der Wiener Rettung gut aufgestellt, sagt Gottwald, und halte die Budgetvorgaben von 72 Millionen Euro (weitere acht Millionen kämen durch Einnahmen) gut ein.

Dringende Fälle

Denn wenn diese Krankentransporte nicht funktionieren, müssen Rettungsdienste, also "fahrende Intensivstationen", weniger prioritäre Fälle übernehmen, womit längere Wartezeiten bei dringenden Fällen drohen. Hacker kritisierte, dass die WGKK in den letzten fünf Jahren eine "starke Marktverschiebung hervorgerufen" habe.

Bis Ende dieser Woche soll an einem runden Tisch mit der Gewerkschaft, Betriebsräten aller Rettungsdienste und der WGKK an Sofortmaßnahmen gearbeitet werden. Zusätzlich werden zwei Arbeitsgruppen eingesetzt, die bis zum Herbst längerfristige Reformen auf Schiene bringen sollen. Die erste ist mit medizinischen Fachleuten besetzt, unter anderem den Chefärzten mehrerer Krankenhäuser und der WGKK. Sie sollen "klare medizinische Definitionen" herausarbeiten, mit deren Hilfe künftig entschieden wird, welche Art Qualifikation in welcher Situation gebraucht wird. Die zweite Arbeitsgruppe setzt sich aus Technikern zusammen, die an einer zentralen Leitstelle arbeiten, wo in Zukunft alle Anrufe eingehen und dann richtig eingeschätzt werden sollen. "Die Nummer 144 wird jedenfalls bleiben", so Hacker.

Was die Finanzierung angeht, soll "tabulos" diskutiert werden, verspricht Hacker. Sicher sei, dass die Stadt Wien den in Nöte geratenen Rettungsdiensten kein Geld überweisen wird, "aber warum sollen nicht sie das Geschäft im Transportwesen machen". (Colette M. Schmidt, 26.7.2017)